45 Min
Montag, 31. Mai 2021, 22:00 bis
22:45 Uhr
Hartz IV, Deutschlands umstrittenste Sozialreform wird 15 Jahre alt. Damit werden nun viele Kinder erwachsen, deren Eltern schon bei ihrer Geburt Arbeitslosengeld-II-Empfänger waren.
45 Min begleitet Kinder, deren Lebensrealität von Hartz IV bestimmt war und ist. Was bedeutet es, als Kind "arm" zu sein? Was denken die Kinder selbst über das System? Und: Wie können sie einen Weg in ein Leben ohne Arbeitslosengeld II finden?
Kinderarmut wächst weiter
15 Jahre nach der Hartz-IV-Reform nimmt die Kinderarmut hierzulande trotz Wirtschaftswachstum und sinkender Arbeitslosigkeit zu, so steht es in einer jüngst veröffentlichten Bertelsmann-Studie.
In Teilen Norddeutschlands wächst fast ein Drittel der Kinder und Jugendlichen mit Hartz IV auf. Die Hartz-IV-Sätze wurden zwar kürzlich angehoben. Doch die Sechs- bis 13-Jährigen gehen leer aus, für diese Altersgruppe wurden keine Steigerungen vereinbart. Kritiker und Kritikerinnen beklagen, dass der Regelsatz vor allem für die Bedürfnisse von Kindern nicht ausreiche.
Kinder mit der Hoffnung auf eine Zukunft ohne Hartz IV
Drei Monate lang begleiten die 45 Min-Autorinnen Leonie Ahmadi und Simona Dürnberg Kinder und Jugendliche, deren Leben vom Aufwachsen mit Hartz IV geprägt ist. Sie erleben Kinder voller Sorgen, aber auch voller Hoffnung auf eine unbeschwerte Zukunft.
Auf der Insel Föhr können Kinder aus Hamburg-Billstedt dank Spenden einmal im Jahr Urlaub machen und sich von ihrem Alltag zu Hause erholen. Eine von ihnen ist Tyra. Sie ist zehn Jahre alt und weiß sagt schon jetzt, dass sie nach den Ferien auf der neuen Schule "besonders schlau sein muss", um es später einmal besser zu haben.
Kinder aus armen Familien bleiben oft arm
Damit ein Kind einkommensschwacher Eltern, später ein durchschnittliches Einkommen erreicht und damit der Armut entflieht, bedarf es in Deutschland statistisch gesehen sechs Generationen, so eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Deutschland steht damit schlechter da als andere OECD-Länder, in denen dies nach durchschnittlich viereinhalb Generationen gelingt.
Ist das Aufwachsen mit Hartz IV also ein Manifestieren von Armut? Und würden die politischen Verantwortlichen von damals heute wieder so handeln? Wie war 2005 der politische Weg in die Sozialreformen, welche positiven Effekte für Menschen und die Wirtschaft gab es? Die Autorinnen sprechen mit Franz Müntefering. Der ehemalige Vizekanzler gilt als einer der Architekten von Hartz IV. Welchen Blick auf Kinder hatten die Politiker und Politikerinnen damals und heute?
Betroffene Jugendliche: Hartz IV kann jeden treffen
Emily aus Rostock hat die Schule schon hinter sich und steht kurz vor dem Beginn ihrer Ausbildung. Mit ihren 16 Jahren kennt sie "kein Leben ohne Hartz IV". Eigentlich ist sie dankbar, denn ohne Hartz IV hätten ihre Mutter und sie nichts gehabt. Doch Emily stört es, dass Empfänger und Empfängerinnen von Arbeitslosengeld II in der öffentlichen Wahrnehmung oft als faul angesehen werden. Sie weiß: Hartz IV kann jeden treffen. Und trotzdem möchte sie nach ihrer Ausbildung unbedingt ohne das Geld vom Staat leben, fernab von schmerzhaften Vorurteilen.
Hartz IV: "Menschenunwürdig"
So geht es auch Sarah-Lee. Die 19-Jährige hält Hartz IV sogar für menschenunwürdig, vor allem für Kinder und Jugendliche. Mit viel Kraft und etwas Glück hat sie sich den Weg aus Hartz IV erkämpft und engagiert sich heute bei der Grünen Jugend gegen die umstrittene Sozialreform. Denn Kinder, die mit Hartz IV aufwachsen, hätten niemals die gleichen Chancen wie andere Kinder, so ihre These.
Mehr zum Thema Zukunftschancen von Kindern und Jugendlichen gibt es in diesen Dokus von 45 Min:
- Autor/in
- Simona Dürnberg
- Regie
- Simona Dürnberg
- Autor/in
- Leonie Ahmadi
- Regie
- Leonie Ahmadi
- Produktionsleiter/in
- Michael Schinschke
- Redaktion
- Kathrin Becker
- Redaktionsleiter/in
- Kathrin Becker