45 Min
Montag, 12. April 2021, 22:00 bis
22:45 Uhr
Mehr als 50.000 junge Menschen brechen in Deutschland jedes Jahr die Schule ab. Wie kann das sein? Was sind die Gründe und wer sind diese Menschen? Das wollten die 45 Min-Reporter*innen Noura Mahdhaoui und Klaas-Wilhelm Brandenburg wissen und haben sich auf die Suche gemacht. Gefunden haben sie vier junge Menschen mit ganz unterschiedlichen Geschichten und Träumen.
Rapper Disarstar bekam in der Schule vermittelt: "Du bist nicht genug"
Irgendwann ging es einfach nicht mehr: "Dann eckst du in der Schule an und kriegst vermittelt, dass du nicht gut genug bist." Das erzählt der Hamburger Rapper Disarstar heute, mit 27, über seinen Schulabbruch. Mit 15 zog er zu Hause aus, kam in die Obhut des Jugendamts und hatte lange andere Dinge im Kopf als Schule.
Vom Klassenklima krank gemacht
Ganz anders war es bei Hannah: Sie kommt aus einer Akademikerfamilie, ihre Noten waren gut. Trotzdem wollte sie nicht mehr in die Schule: "Es gab nur: zu Hause sein und Stress haben, dass ich nicht zur Schule gehe; oder in die Schule gehen und die ganze Zeit Stress haben." Sie hielt das Klassenklima nicht mehr aus, wurde krank und hörte mit 15 Jahren auf, in die Schule zu gehen.
Jean (16) aus Greven in Mecklenburg-Vorpommern hat den vierten Schulwechsel hinter sich. Eine Produktionsschule ist seine letzte Chance auf den Hauptschulabschluss. Baris (16) kam in der Schule nicht mehr hinterher und wurde außerdem gemobbt. Er entschied sich schließlich, einfach nicht mehr hinzugehen.
Vielen Schulabbrecher*innen droht Arbeitslosigkeit
Seit 2013 steigt die Quote der Schulabbrecher*innen, aktuell liegt sie bei 6,8 Prozent. Die Aussichten ohne Abschluss sind schlecht: Es droht Arbeitslosigkeit, denn Lehrstellen für Jugendliche ohne Abschluss gibt es kaum. Die Konsequenz: 2016 hatten mehr als ein Viertel der 25- bis 34-Jährigen keine Berufsausbildung, viele davon sind laut Expert*innen Schulabbrecher*innen.
Schulabbruch: Was wird dagegen getan?
Bildungs- und Sozialforschende halten die Zahl der Schulabbrecher*innen in Deutschland für zu hoch. Zu viele junge Menschen würden immer noch durchs Raster fallen, obwohl ihnen geholfen werden könne.
Und auch die Politik hatte sich andere Ziele gesetzt. Auf dem Bildungsgipfel 2008 vereinbarten Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bildungsminister*innen der Länder: bis 2015 soll die Abbruchquote auf vier Prozent sinken. Erreicht wurde dieses Ziel nie, selbst Hessen, das Bundesland mit der geringsten Quote, verfehlt es.
Was müsste am deutschen Schulsystem verbessert werden?
Otto Herz, Reformpädagoge und Mitgründer der Laborschule Bielefeld, nennt das kriminell und sagt, das dürfe nicht sein. Professor Heinrich Ricking, Bildungsforscher am Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, sieht Versäumnisse der Politik. Und die Lehrerin Janina Bähre aus Berlin-Neukölln ist überzeugt: "Die Kinder können nichts dafür!"
Die 45 Min-Reporter*innen fragen bei ihnen nach: Was läuft schief im deutschen Schulsystem? Wie ginge es besser? Und was können Schulen und Politik tun, damit es weniger Schulabbrecher*innen gibt?
Recherche- und Informationsquellen zur Doku:
- Autor/in
- Klaas-Wilhelm Brandenburg
- Noura Mahdhaoui
- Kamera
- Hendrik Reimer
- Schnitt
- Andrea Müller
- Tonmischung
- Michel Wähling
- Produktionsleiter/in
- Michael Schinschke
- Redaktion
- Christian von Brockhausen
- Redaktionsleiter/in
- Kathrin Becker
- Redaktion
- Brockhausen, Christian