Per Privatjet nach Sylt - und das Klima?
In Deutschland sind so viele Privatjets wie nie zuvor unterwegs. Mehr als die Hälfte der Flüge ist kürzer als 300 Kilometer - und das sind längst nicht nur Geschäftsreisen. Wie passt das mit mehr Klimaschutz zusammen?
Wer mit dem Zug von Hamburg nach Sylt fährt, verbraucht etwa 17 Kilogramm CO2. Wer hingegen allein in dem meistgenutzten Privatjet-Typ sitzt, verbraucht damit mehr als das 70-fache, 1200 Kilogramm CO2. Trotzdem handelt es sich dabei um die Strecke, die am zweithäufigsten in Deutschland von Privatjets geflogen wird. Mehr als die Hälfte der Privatjetflüge von deutschen Flughäfen ist kürzer als 300 Kilometer.
Den ganzen Sommer durch herrscht am Flughafen auf Sylt Hochbetrieb. Täglich landen Dutzende Flugzeuge, nicht nur von Fluglinien, sondern auch viele private Maschinen. Viele Gäste, die mit dem Propellerflugzeug oder auch dem Privatjet hier landen, kommen nur für einen Kurztrip auf die Insel.
Mit einigen von ihnen sprach Panorama kurz vor Pfingsten. "Wir sind heute Abend eingeladen auf eine Party", sagte etwa Hajo G. "Ich bin selbst Pilot und aus Hamburg hier eben reingeflogen."
Die Bahn ist nicht attraktiv genug
Dass Sylt aus Hamburg einfach und stündlich per Bahn zu erreichen ist, ist den fliegenden Gästen bewusst. Nur einmal sei er mit der Bahn gefahren, "grauenvoll" sei das gewesen, erzählte Philipp H. "Diese Bahn ist hier absolut unter aller Sau." Auf Sylt wolle er über Pfingsten entspannen und "mal ein Buch lesen", bevor es per Flieger zurück gehe.
Die Reise mit dem eigenen Flugzeug ist extrem klimaschädlich. Pro Flugstunde verursachen die Maschinen Hunderte bis Tausende Kilogramm Treibhausgase, je nach Größe. Dennoch fliegen in Deutschland so viele Privatjets wie nie zuvor, wie aus Daten der Luftfahrtüberwachung für das Jahr 2022 hervorgeht. Die Nachfrage nach Privatjets ist nach der Corona-Delle so hoch wie nie zuvor.
Dass es dabei wohl nicht nur um Businessflüge geht, zeigt exemplarisch eine Anfrage der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Am häufigsten gingen 2022 von Hamburg aus gestartete Inlandsflüge per Privatjet nach Sylt. Insgesamt 459 Mal starteten und landeten Jets zur oder von der Nordseeinsel - Propellerflugzeuge sind nicht mitgerechnet. Das am häufigsten von Hamburg aus angeflogene Auslandsziel war Mallorca, ebenfalls keine Wirtschaftsmetropole.
Wohlhabende verursachen mehr Klimaschäden
Statistiken zeigen, dass Reiche mit ihrem Konsum tatsächlich deutlich mehr Klimaschaden anrichten. Allein die reichsten 10 Prozent der Deutschen verursachen extrem hohe Mengen an Treibhausgasen, 257 Millionen Tonnen in einem Jahr. Das ist mehr als die gesamte ärmere Hälfte verursacht: bloß 237 Millionen Tonnen. Zu den reichsten 10 Prozent gehört in Deutschland, wer ein Netto-Vermögen von mehr als 725.000 Euro besitzt. Und je reicher man ist, desto größer ist also im Schnitt der Klimaschaden, den man verursacht.
Was sagt Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) dazu? Ein Interview hat sein Ministerium abgesagt. Schriftlich teilt es mit: Man lehne es ab, einzelne Bevölkerungsgruppen bei dieser wichtigen gemeinsamen Aufgabe gegeneinander auszuspielen.