Corona: Tod nach Impfung

Stand: 12.02.2021 21:47 Uhr

Laut Paul-Ehrlich-Institut sind in Deutschland bislang 113 Menschen nach einer Corona-Impfung verstorben. Nach Panorama-Recherchen gibt es aber nicht einen einzigen belegten Fall, in dem die Impfung zum Tod führte.

von Robert Bongen, Lea Busch, Johannes Edelhoff

Trotz der Todesfälle geben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Entwarnung, da es keine Hinweise gebe, dass es zu vermehrten Todesfällen im Zusammenhang mit der Impfung kommt. In ihrem fünften Sicherheitsbericht listen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) akribisch Todesfälle und Mortalitätsraten im Zusammenhang mit einer Impfung gegen Covid-19 auf. Für Laien ist das 19-seitige Dokument aber schwer zu verstehen: Geben die 113 gemeldeten Todesfälle jetzt Grund zur Sorge oder nicht?

VIDEO: Corona: Tod nach Impfung (10 Min)

Hohes Durchschnittsalter der Verstorbenen

Prof. Thomas Mertens, Virologe und Vorsitzender der Ständigen Impfkommission © NDR/ARD Foto: Screenshot
Prof. Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission, verweist auf das hohe Alter der Verstorbenen.

Für Thomas Mertens, Virologe und Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO), ist zunächst eine Zahl wesentlich: 85 Jahre. So hoch ist das  Durchschnittsalter der Verstorbenen: "Wenn Sie in einer Gruppe von Menschen impfen, die sowieso ein statistisch hohes Risiko haben, in nächster Zeit zu sterben, dann kann es natürlich auch sein, dass jemand im engeren zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung stirbt." Das muss dann aber nichts mit der Impfung zu tun haben, trotzdem werde dies im Einzelfall überprüft.

Todesursache: Herzinfarkt

Etwa der Tod einer 91-jährigen Frau im hessischen Wetzlar. Die Seniorin war nach der Impfung zunächst stabil. Nachdem sie auf ihr Zimmer in einem Alten- und Pflegeheim gebracht worden war, verschlechterte sich ihr Zustand aber rapide.  Der Notarzt konnte die Frau nicht mehr retten. Sie starb noch am selben Tag.

Prof. Reinhard Dettmeyer © NDR/ARD Foto: Screenshot
Obduzierte die Verstorbene, um einen Zusammenhang mit der Impfung zu prüfen: Gerichtsmediziner Prof. Reinhard Dettmeyer.

Der Gerichtsmediziner Reinhard Dettmeyer obduzierte die Verstorbene, im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wetzlar, um einen Zusammenhang mit der Impfung zu überprüfen - und konnte die Todesursache klären: "Wir haben bei der Obduktion nachweisen können, dass die Frau einen großen, etwa 7 mal 4 Zentimeter großen frischen Herzinfarkt bekommen hat. Die Ursache des Herzinfarkts war eine hochgradige Arterienverkalkung der Herzkranzgefäße." Auch dass die Impfung die Dame zusätzlich belastet haben könnte, hält der Gerichtsmediziner für unwahrscheinlich: "Dass Impfungen Herzinfarkte auslösen, ist bisher überhaupt nicht beschrieben in der Fachliteratur. Diese Frau war ohnehin hochgradig Herzinfarkt-gefährdet."

Wolfgang Schuster (SPD), zuständiger Landrat des Lahn-Dill-Kreises, in dem Wetzlar liegt, informierte fortwährend über den aktuellen Stand des Vorfalls, auch um keine Ängste zu schüren: "Ich glaube, wir sind damit sehr gut gefahren, weil Transparenz ist ja das Fundament der Glaubwürdigkeit." Er sei froh gewesen, als die Obduktion binnen Tagen Klarheit brachte, dass der Tod der 91-Jährigen nicht mit der Impfung zusammenhing. "Für die Aufgabe, die Menschen zu impfen war das eine sehr große Erleichterung." Ansonsten hätte es womöglich zu einem vorläufigen Stopp der Impfstoffe durch das Robert-Koch-Institut oder das Paul-Ehrlich-Institut kommen können, meint Schuster. "Diese Impfungen sind ja doch sehr öffentlichkeitswirksam. Und wenn es dort zu Problemen kommt, werden auch die Behörden, die solche Impfstoffe zulassen oder überprüfen, gegebenenfalls, wenn es vermehrt zu diesen Fällen kommt, die Impfungen zunächst einmal stoppen, bis alles rechtlich aufgeklärt ist." Insofern sei er erleichtert gewesen, dass schnell alle Zweifel ausgeräumt werden konnten.

VIDEO: Klaus Cichutek: "Wir tun alles, um Todesursache festzustellen" (5 Min)

Obduktion abgelehnt

Laut Sicherheitsbericht des PEI konnte bei 43 der 113 Todesfälle eine konkrete Todesursache in zeitlicher Nähe zur Impfung gefunden werden. Die Impflinge starben an Vorerkrankungen oder an einer anderen Infektionskrankheit wie etwa einer Sepsis und deren Folgen*.

In einigen Senioreneinrichtungen kam es zudem kurz nach der Impfung zu Corona-Ausbrüchen. In einem Alten- und Pflegeheim in Leverkusen starben 18 Bewohnerinnen und Bewohner, auch in Uhldingen-Mühlhofen am Bodensee starben bereits Geimpfte an dem Virus. Sie waren wohl schon zum Zeitpunkt der Impfung unerkannt infiziert oder die Infizierung hat kurz danach stattgefunden. Die Virologin Ulrike Protzer von der Technischen Universität München erklärt: "Das war einfach noch relativ kurz nach der Impfung, sodass man da von einem nicht-kompletten Impfschutz ausgehen muss." In den ersten 14 Tagen nach der Impfung baue der Körper das immune Gedächtnis erst auf. "Da besteht einfach noch kein guter Immunschutz. Dann kann es schon passieren, dass es auch direkt nach der Impfung noch zu Ausbrüchen kommen kann." Es handelt sich also um einen sehr unglücklichen Zufall.

Das Paul-Ehrlich-Institut listet aber auch 50 Todesfälle nach einer Impfung auf, bei denen die Todesursache unbekannt ist. Bei ihnen war oft eine Obduktion nicht möglich, weil die Angehörigen dies abgelehnt haben: "Viele sagen: 'Ich möchte nicht, dass meine Mutter noch aufgeschnitten wird. Die ist jetzt im Alter von 90 Jahren verstorben und das ist dann so'", sagt Protzer. Ohne Obduktion könne eine Todesursache aber oft nicht zweifelsfrei geklärt werden.

"Sicherlich keine erhöhte Todesrate"

Prof. Ulrike Protzer © NDR/ARD Foto: Screenshot
Vergleiche man die Sterberaten ab 65, dann seien nach der Impfung sogar weniger als erwartet gestorben, sagt die Virologin Prof. Ulrike Protzer.

Um zu prüfen, ob die Impfung einen Einfluss auf die Sterblichkeit hat, stellen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler daher eine Frage: Ist die Sterblichkeit erhöht im Vergleich zu dem, was man ohne Impfung erwartet, oder nicht? Wie viele Menschen sterben normalerweise in dem Alter? Dafür wird die Sterberate von Personen über 65 Jahren mit der Sterberate von Impflingen über 65 verglichen.

"Wenn man das dann vergleicht, dann ist es sogar so, dass nach der Impfung weniger gestorben sind, als man erwarten würde", sagt Protzer: "Es ist sicherlich keine erhöhte Todesrate, und deswegen kann man auch sagen, das hat jetzt nichts mit dem Impfstoff zu tun." Auch das Paul-Ehrlich-Institut kommt zu einem eindeutigen Ergebnis. Bisher gebe es keinen Hinweis, dass es einen kausalen Zusammenhang zwischen Impfung und Todesfällen gebe. Im Gegenteil, das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, ist da. Davor schützt eine Impfung.

* Diese Passage wurde geändert und um die Formulierung "und deren Folgen" ergänzt.

Korrektur zur statistisch erwartbaren Sterblichkeit im Filmbeitrag:

Im Filmbeitrag haben wir u.a. erklärt, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) ausschließen, dass bei Todesfällen nach einer Impfung, bei denen die Todesursache nicht geklärt werden konnte, die Menschen durch die Impfung gestorben sind.

Einige Zuschauerinnen und Zuschauer hatten uns geschrieben, weil sie irritiert waren über die Grafik mit unserer statistischen Berechnung.  Wir hatten dort die Todesfälle mit unbekannter Ursache nach Impfung mit den statistisch zu erwarteten Todesfällen mit unbekannter Ursache in derselben Altersgruppe verglichen. Dafür hatten wir die Zahlen 50 für unerwartete Todesfälle und 98,8 für die rechnerisch erwarteten Todesfälle genannt.

Einige Zuschauerinnen und Zuschauer hatten angemerkt, dass man doch die insgesamt 113 Todesfälle nach einer Impfung hätte einbeziehen müssen. Das ist nicht richtig. Es ging ja um die Fälle, in denen die Todesursache nicht klar gewesen ist.

Aber auch wir haben einen Fehler gemacht.

Warum? Hier der nicht ganz unkomplizierte Sachverhalt:

Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) nutzt in seiner Statistik tatsächlich die Hintergrundinzidenz von plötzlichem Tod oder Tod mit unbekannter Ursache. Diese liegt bei 98,8 Todesfällen/100.000 in der Altersgruppe Ü65. Demnach wären laut dem PEI unter den knapp 1,6 Millionen Personen in diesem Alter, die den "Comirnaty"-Impfstoff der Firmen Biontech/Pfizer bekommen haben, innerhalb von 18 Tagen (der Maximalzeitraum, in dem geimpfte Personen gestorben sind) 77,7 Fälle von plötzlichem Tod oder Tod unbekannter Ursache zu erwarten gewesen. Tatsächlich waren es laut dem PEI aber nur 38 Fälle.  So hat das PEI den Wert von 0,49 für die standardisierte Mortalitätsrate berechnet (ca. die Hälfte dessen, was zu erwarten war). Das Verhältnis ist also 77,7 zu 38.

Rechnet man dieses Verhältnis zu den restlichen unbekannten Todesfällen (mit Wert 0,49 standardisierte Mortalitätsrate) hinzu, kommt man auf ein Verhältnis von etwa 100 erwarteten zu 50 eingetretenen Todesfällen. Das ist sehr nah an dem, was unsere Grafik ausgesagt hat (98,8 zu 50).

Knapp daneben ist aber auch vorbei, unsere Grafik war trotzdem nicht ganz korrekt. Wir haben nicht die etwa 100 genommen, sondern die Gesamthintergrundinzidenz von 98,8 Todesfällen dargestellt. Das ist aufgrund der Ähnlichkeit der Zahlen passiert - und hat die Verwirrung bei vielen ZuschauerInnen und Zuschauern ausgelöst. Aus diesem Grund haben wir die Grafik aus dem Beitrag entfernt.

Abschließend zu sagen ist, dass das Verhältnis, das wir im Film gezeigt haben, grundsätzlich richtig ist und die Realität abbildet, doch uns ist leider der beschriebene Zahlentausch unterlaufen.

Wir bitten dies zu entschuldigen!

Wichtig: An der Grundaussage ändert sich nichts - nach der Impfung sind statistisch gesehen sogar weniger Menschen gestorben als normalerweise in der entsprechenden Altersgruppe.

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Corona: Tod nach Impfung

Der Panorama-Beitrag vom 11. Februar 2021 als PDF-Dokument zum Download. Download (70 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 11.02.2021 | 21:45 Uhr

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