Sendedatum: 30.08.2018 22:00 Uhr

Fremd in der Heimat

von Esra Özer

Türkiyemspor - der älteste Migranten-Verein Deutschlands. Gegründet in den Achtzigern von türkischen Gastarbeitern. Damals spielte die Mannschaft vor mehreren tausend Zuschauern in der Regionalliga und sogar auch mal um den DFB-Pokal. Sport als wirksames Mittel für mehr gegenseitiges Verständnis. Das war ihr Motto.

VIDEO: Fremd in der Heimat (4 Min)

Ein Teil von Deutschland

Viele im Team sind heute echte Berliner - mit türkischem Hintergrund: Sie sind hier geboren, haben einen deutschen Pass. Inzwischen spielen auch andere Deutsche mit. Nach Merkels Aufruf "Wir schaffen das" war es für Türkiyemspor klar: Wir gehören mit dazu, also packen wir an und nehmen Flüchtlinge auf. Fußball würde Menschen verbinden, sagt Trainer Gökhan Aydin. Einige der Flüchtlinge spielen inzwischen sogar in der ersten Mannschaft, etwa Ammar Abalda aus Syrien mit der Nummer 16.

Trainer von Türkiyemspor
Trainer Gökhan Aydin möchte weder pauschalisiert, noch diskriminiert oder ausgegrenzt werden.

Auch bevor die Flüchtlinge kamen, war es nicht ganz einfach, dazu zu gehören, erzählt Trainer Gökhan Aydin. Aber man war auf jeden Fall ein Teil von Deutschland. Jetzt sind sie zunehmend "die Fremden." "Wir werden immer pauschalisiert. Leider ist es so. Jetzt durch diese Flüchtlingspolitik noch mehr," so Aydin. Die meisten im Team sprechen wenig über Politik. Im Vordergrund steht für sie der Fußball. Ihnen ist egal, wer aus welchem Land kommt. Aber im Alltag merken auch sie Veränderungen. Man würde komisch beobachtet, erzählt Khaled Kayed, Physiotherapeut des Teams: "Beim Einkaufen, Lidl, Aldi, da werde ich auch anders angesehen." Das sei vor allem in den letzten drei Jahren immer mehr geworden.

"Am Ende zählt der Mensch"

Spieler bei Türkiyemspor
Necmi Ulucay wurde von Fussballfans gegnerischer Mannschaften als "Scheiß Türke" beschimpft.

Kollege Necmi Ulucay glaubt, dass der Grund am Aussehen läge: "Die Flüchtlinge haben ja jetzt auch keine blonden Haare. Die sehen halt nicht aus wie Deutsche, und es ist dann leider so, dass wir auch mit reingenommen werden. Weil die können uns da nicht unterscheiden." 

Man dürfe vor allem nicht alle über einen Kamm scheren, sagt Aydin. Kriminelle gäbe es überall, das seien nicht nur die mit den schwarzen Haaren. "Wir gehörten zu den ersten Migranten, die Deutschland mit aufgebaut haben. Mittlerweile eher Deutsch sind als türkisch. Wir wollen nicht, also keiner möchte irgendwo pauschalisiert werden oder diskriminiert werden oder ausgegrenzt werden. Am Ende zählt der Mensch und das was er richtig oder falsch macht", sagt Aydin.

Weitere Informationen
Ein Flüchtling hält am 08.09.2015 auf dem Lübecker Hauptbahnhof ein Schild mit der Aufschrift "Angela Merkel, help us" in die Luft. © NDR Foto: Katrin Bohlmann

Panorama vom 30. August 2018

Schaffen wir das? Königswinter und die Bürokratie; Syrische Familie in Hamburg: was läuft, woran hakt es?; "Absaufen?" - Zu Besuch bei Pegida; Fremd in der Heimat. mehr

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 30.08.2018 | 22:00 Uhr

Es fehlt etwas?

Computertastatur © picture-alliance Foto: Christian Ohde

Kontakt zur Redaktion

Sie vermissen einen Beitrag oder ein Video ist nicht abspielbar? Schreiben Sie uns, wir kümmern uns darum. mehr

Weitere Informationen

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr

Anja Reschke © Thomas & Thomas Foto: Thomas Lueders

60 Jahre Panorama

60 Jahre investigativ - unbequem - unabhängig: Panorama ist das älteste Politik-Magazin im deutschen Fernsehen. mehr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Panorama History Channel

Beiträge nach Themen sortiert und von der Redaktion kuratiert: Der direkte Einstieg in 60 Jahre politische Geschichte. mehr