Der Passhandel und der Mord von Malta
Im November 2017 hatte Panorama darüber berichtet, nun gerät der Verkauf von EU-Pässen an reiche Investoren erneut in die Schlagzeilen. Rund ein halbes Jahr ist es her, dass die maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia durch eine Autobombe ermordet wurde. Daphne, wie die Bloggerin von allen auf Malta nur genannt wird, hatte zu korrupten Geschäften der maltesischen Regierung recherchiert - und immer wieder kreiste ihre Berichterstattung um das maltesische Passverkaufsprogramm. Damit verdient die Regierung des Premiers Joseph Muscat seit Herbst 2013 viel Geld: Rund 1,2 Millionen Euro zahlen Superreiche - meist aus Saudi-Arabien, China oder Russland - für maltesische Staatsbürgerschaften und sichern sich damit einen EU-Pass.
Journalisten führen Arbeit fort
Nach dem Mord an der Journalistin, der weltweit für Entsetzen gesorgt hat, fanden sich Journalisten aus 18 Medienhäusern und 15 Ländern zusammen, um die Recherchen ihrer Kollegin fortzuführen und so ein Zeichen zu setzen. Koordiniert wird dieses "Daphne Projekt" durch die Organisation "Forbidden Stories" mit Sitz in Paris. In Deutschland ist neben dem Rechercheverbund aus NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung auch die Wochenzeitung DIE ZEIT beteiligt. Letztere berichtet nun ausführlich darüber, wie zentral das Passverkaufsprogramm für den Sumpf aus Korruption und Geldwäsche auf Malta ist. Demnach seien bisher rund zwei Milliarden Euro durch den Passverkauf auf die kleine Insel geflossen und Teile davon offenbar auch in die Taschen von Regierungsmitgliedern. Die Firma, die den Passhandel für Malta organisiert, heißt Henley & Partner. Der ZEIT zufolge hat sie daran bisher bis zu 100 Millionen Euro verdient.
Kommen "keine schlechten Äpfel" durch?
Panorama hatte bereits im November vergangenen Jahres über das Geschäft mit EU-Pässen berichtet und auch mit Henley & Partner über das maltesische Programm gesprochen. Hakan Cortelek, Managing Partner bei Henley & Partner UK, betonte damals, dass Käufer eines maltesischen Passes eine besonders rigide Sicherheitsüberprüfung, sogenannte Due Diligence, durchlaufen müssten. "Was das Programm so erfolgreich macht, ist das wirklich gute Due Diligence System. Es kommen keine schlechten Äpfel durch." Das liege daran, dass nicht nur der Bewerber geprüft werde, sondern auch seine unternehmerischen Aktivitäten, seine Freunde, seine Beziehungen zu anderen Ländern. "Wir schauen uns genau an, wo das Geld herkommt", so Kortelek zu Panorama. Risiken würden so unterbunden. Die Sicherheitsüberprüfung sei die rigideste aller Passprogramme weltweit.
Russische Milliardäre mit Vergangenheit
Die Rechercheergebnisse des "Daphne-Projekts" sprechen allerdings eine andere Sprache. Der ZEIT zufolge sind alleine unter den mehreren hundert Russen, die eingebürgert wurden, vor allem Geschäftsleute, die offenbar Sanktionen des Westens umgehen wollen. Schillernde Persönlichkeiten, wie Arkadi Wolosch, Milliardär und Gründer von Yandex, der größten Internet-Suchmaschine Russlands, der auf der schwarzen Liste von Putin-Helfern steht, die von der US-Regierung im Januar veröffentlicht wurde. Oder Oleg Muradjan, der frühere Präsident einer Tochterfirma der russischen Staatsbank. Oder Boris Mints, russischer Milliardär, der sein Vermögen mit einer Investmentfirma gemacht hat. Sie und ihre Familien sind dank maltesischem Pass nun EU-Bürger und können Firmen gründen und Konten eröffnen. Ein Fazit aus Daphnes Recherchen, die von ihren Kollegen fortgeführt wurde, fasst die ZEIT so zusammen:
"Auf Malta benutzt eine Hyperelite die Politik, um Gewinne zu machen, und die Gewinne, um Politik zu machen. Eine Elite, die es nicht nötig hat, Banken zu überfallen, weil man sie gründen kann, und die es nicht nötig hat, Pässe zu fälschen, weil man sie kaufen kann."