Rechtsterror-Ermittlungen: Gründer der "Prepper"-Gruppe ist Polizist
Im Fall der Rechtsterror-Ermittlungen in Mecklenburg-Vorpommern sind sämtliche Tatverdächtige und Zeugen Mitglieder einer "Prepper"-Gruppe namens "Nordkreuz". Gründer und Administrator der Gruppe ist der Polizist und langjährige LKA-Beamte Marko G., der dem ARD-Magazin "Panorama" umfangreich Auskunft gab.
Durchsuchungen in Mecklenburg-Vorpommern
Auch sein Haus war von der Razzia am Montag vergangener Woche betroffen, allerdings gilt er als "nicht tatbeteiligter Dritter". Gegen zwei Männer ermittelt die Bundesanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, einer davon ebenfalls Polizist. Sie sollen eine befürchtete Staatskrise als Chance gesehen haben, Vertreter des politisch linken Spektrums festzusetzen und mit ihren Waffen zu töten.
Insgesamt hatte die Bundesanwaltschaft die Häuser von sechs Personen durchsuchen lassen, vier davon gelten als "nicht tatbeteiligte Dritte". Nach Recherchen des ARD-Magazins "Panorama" gehören alle sechs zur Gruppe "Nordkreuz". Dort sind insgesamt mehrere Dutzend sogenannter Prepper aus dem Nordosten Deutschlands organisiert, die sich auf den "Tag X" vorbereiten.
Vorbereitungen auf den "Tag X"
Darunter verstehen sie den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung, etwa durch eine "Flüchtlingswelle", einen Banken-Crash oder durch von Anschlägen verursachten Stromausfällen. Administrator der auch online aktiven Gruppe ist der ehemalige LKA-Beamte Marko G., der ebenso Mitglied der AfD ist wie der tatverdächtige Polizist Haik J.
Im "Panorama"-Interview erläutert Marko G. zu "Preppern": "Das geht von 'ich stell mir zwei Gläser Marmelade und eine Tüte Salzstangen ins Regal' bis hin zu Leuten, die komplett ihr Haus unterkellern und sich einen Bunker bauen." Die Zusammensetzung seiner Gruppe beschreibt Marko G. so: "Vom Banker über Mediziner bis zum Sportler, wir haben Techniker, Ingenieure, wir haben Polizisten dabei, selbstständige Handwerker, aus dem Tiefbau, aus dem Dachbau."
Legales Schusswaffentraining in der Gruppe
Bei den Treffen spreche man etwa "über Trinkwasseraufbereitung, welche Filtermöglichkeiten es da gibt, Nahrungshaltbarmachen". Außerdem treffe man sich auch zum gemeinsamen Schießtraining - alle Waffen seien angemeldet. Die meisten Mitglieder von "Nordkreuz" verfügen als Jäger oder Sportschützen ganz legal über Schusswaffen. Neben den Polizisten gehören auch mehrere Reservisten der Bundeswehr zur Gruppe.
Den Einsatz der GSG9, die sich mit Gewalt Zutritt verschaffte, beschreibt Marko G. als "unverhältnismäßig". Der LKA-Beamte vermutet politische Motive hinter der Razzia, wie er "Panorama" erklärt: "Dass man jetzt gerade nach den Krawallen in Hamburg, die der linksextremistischen Szene angelastet werden, irgendwie versucht, die Gefahr von rechts mal wieder in Erinnerung zu rufen und vielleicht deswegen so martialisch und so öffentlichkeitswirksam ein Zeichen setzt, um auch gegebenenfalls Menschen, die so denken, einzuschüchtern."
Harmlos oder brandgefährlich?
Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen, Stephan J. Kramer, hat eine andere Erklärung für den martialischen Polizeieinsatz bei den bewaffneten "Preppern": Die Unterschätzung der sogenannten Reichsbürger, die ebenfalls lange verniedlicht und verharmlost wurden, ehe ein "Reichsbürger" 2016 bei einer Hausdurchsuchung einen Polizisten erschoss.
"Ohne dass beide Gruppen gleichzusetzen sind, sind Überschneidungen erkennbar." Beide Gruppierungen seien auf das Erlangen von Waffen aus. Radikalen "Preppern" gehe es jedoch in erster Linie darum, "Vorräte vor Fremden, anderen Bürgern zu schützen oder in der Endzeitstimmung den Überlebenskampf zu führen", sagte Kramer im Panorama-Interview.
Dass in der Gruppe "Nordkreuz" sogar zwei Polizisten aktiv sind, hält Verfassungsschützer Kramer für ein Alarmsignal: "Wer in den Sicherheitsbehörden der Bundesrepublik Deutschland tätig ist, der sollte schon davon überzeugt sein, dass dieser Staat und diese Gesellschaft es wert sind, aufrechterhalten zu werden, insbesondere der Rechtsstaat. Aber wer im Grunde genommen denkt, dass das Ganze dem Untergang geweiht ist, hat im Grunde genommen in diesen Behörden nichts zu suchen. (...) Das ist, glaube ich, der ziemlich schlimmste Fall, den man haben kann." Kramer fordert daher ein konsequentes Vorgehen gegen radikale "Prepper" im Staatsdienst.
Keine dienstrechtlichen Konsequenzen
Das Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern hat bisher keine disziplinarrechtlichen Konsequenzen bei Marko G. gezogen: "Es liegen dem Innenministerium bisher keine Ermittlungsergebnisse des Generalbundesanwalts vor, die gegenüber dem nichttatverdächtigen Zeugen, der Polizeibeamter ist, disziplinarrechtliche Maßnahmen begründen würden."