Lufthansa: Mehr Geld für die Bosse
Trotz starker Kritik haben die Lufthansa-Aktionäre am 28. April in Hamburg der Erhöhung der Vorstandsbezüge zugestimmt. Für Konzernchef Carsten Spohr bedeutet das rund 300.000 Euro mehr im Jahr, das entspricht 14 Prozent. Seine Gesamtbezüge steigen damit 2016 auf rund drei Millionen Euro. Im Interview mit Panorama weicht Vorstandschef Carsten Spohr aus: "Sowohl Tarifverhandlungen für unsere Mitarbeiter als auch Gehaltsverhandlungen für unsere Führungskräfte führen wir nicht in der Öffentlichkeit." Die Vergütung für die weiteren vier Vorstandsmitglieder steigt um jeweils rund 100.000 Euro.
Gehaltserhöhung Falsches Signal
Für viele Beschäftige der Lufthansa ist die Gehaltserhöhung ein falsches Signal. "Warum sollen nur wir den Gürtel enger schnallen und der Vorstand nicht?", sagt etwa ein Mitarbeiter der Lufthansa Technik in Hamburg. Zahlreiche andere teilen in Panorama diese Meinung. Die Situation bei der Konzerntochter ist besonders heikel, sollen dort doch etwa in der Triebwerkswartung mehrere hundert Stellen abgebaut werden.
Mit 89,5 Prozent Zustimmung genehmigten die Aktionäre auf der Hauptversammlung die neue Gehaltsstruktur – das ist eine vergleichsweise schwache Zustimmung. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) hatte den Aktionären empfohlen, das neue Vergütungssystem abzulehnen. Die SdK kritisiert die Struktur des Vergütungssystems und bezieht sich insbesondere auf die variable Vorstandsvergütung. Diese weise unter anderem - entgegen den gesetzlichen Vorgaben - keine ausschließlich mehrjährige Bemessungsgrundlage auf. Das berge die Gefahr, dass die Vorstände durch die Boni-Anreize nur den kurzfristigen maximalen Erfolg suchen und nicht nachhaltig agierten.
"Das ist Augenwischerei"
Auch die Lufthansa-Begründung für die Gehaltserhöhung des Vorstandes stößt auf erhebliche Kritik. Das neue Vergütungssystem für den fünfköpfigen Vorstand wurde vom Aufsichtsrat Ende vergangenen Jahres beschlossen. In einem internen Schreiben begründete Aufsichtsratschef Wolfgang Mayrhuber dies unter anderem mit noch höheren Vergütungen anderer DAX-Vorstände und außerdem damit, dass die letzte Anhebung der Vorstandsvergütung im Jahr 2008 erfolgt sei: "Die jetzige wird in 2016, also ganze acht Jahre später, wirksam. Das ist ein außerordentlich langer Zeitraum."
Der Vergütungsexperte Dr. Heinz Evers, Herausgeber der jährlichen "Studien zur Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung", bezeichnet diese Aussage gegenüber Panorama als "irreführend" und "Augenwischerei": "Es wird suggeriert, dass da Leute sitzen, die seit 2008 keine Gehaltserhöhung bekommen haben." Dem sei nicht so. Ein Blick in die Geschäftsberichte des Kranich-Konzerns belege dies. So lagen beispielsweise 2008 die Festbezüge des damaligen Vorstandschefs Mayrhuber bei 726.000 Euro. Der aktuelle Chef Carsten Spohr bezog im Jahr 2015 dagegen immerhin mehr als 1,2 Millionen Euro - eine Anhebung um satte 66 Prozent. Die gleiche Anhebung erfolgte auch in der Position des Finanzvorstands von 519.000 Euro auf 863.000 Euro.
Rechtfertigung nicht überzeugend
Auf Panorama-Nachfrage teilt Lufthansa mit, dass man diese Analyse und die darauf basierende Folgerung nicht nachvollziehen könne: "Die Zusammensetzung und Berechnung der Vorstandbezüge sind sehr detailliert im jeweiligen Geschäftsbericht dokumentiert."
Auch die Rechtfertigung mit noch höheren Vergütungen anderer DAX-Vorstände hält Evers nicht für überzeugend. "Was die Festbezüge angeht, würde das Spohr innerhalb des DAX etwa auf Rang zehn katapultieren. In diese Kategorie gehört aber die Lufthansa von den Ergebnissen her noch lange nicht." Auch Evers hatte den Aktionären empfgohlen, bei der Hauptversammlung die Beschlussvorlage abzulehnen – als deutliches Signal, künftige vergütungspolitische Entscheidungen sorgfältiger zu überdenken.