Stand: 26.05.2016 11:09 Uhr

Energiewende absurd: Klimagesetz belohnt Stromverschwendung

von Johannes Edelhoff

"Das Erneuerbare-Energien-Gesetz zwingt uns zu unsinnigem Verhalten", sagt Frank Springorum, Geschäftsführer der Hammerwerke Friedingen auf der Schwäbischen Alb. Beim Hammerwerk geben sie offen zu, dass sie sich anstrengen, möglichst viel Strom zu verbrauchen. Schuld daran ist ausgerechnet das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Ein Gesetz, was eigentlich den Klimawandel verhindern soll. Aber: "Wir haben keinen Anreiz, Strom zu sparen", so Springorum. Er sieht sein Handeln als Notwehr gegen ein absurdes Gesetz.

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Verschwenden, um zu sparen

Grund dafür ist ein besonderer Mechanismus im EEG: Das EEG regelt, dass Bürger und Konzerne den Ausbau der erneuerbaren Energien - etwa Wind- und Solarstrom - über eine Extragebühr auf ihrer Stromrechnung bezahlen, der EEG-Umlage. Um aber exportorientierte Unternehmen, die besonders energieintensiv produzieren, nicht extra zu belasten, sind sie von der EEG-Umlage befreit. Sie müssen keine Extragebühr bezahlen. Dazu gehören etwa Stahlwerke oder Aluminiumhütten, die sonst ins Ausland abwandern würden.

Frank Springorum, Geschäftsführer der Hammerwerke Friedingen © NDR
"Das EEG zwingt uns zu unsinnigem Verhalten", sagt Frank Springorum, Geschäftsführer der Hammerwerke Friedingen auf der Schwäbischen Alb.

Als stromintensiv gilt, wer mindestens einen Stromkostenanteil von 14 Prozent der Bruttowertschöpfung hat - eine harte Grenze mit unangenehmen Nebeneffekten. Denn wer knapp über der Grenze liegt, verschwendet lieber Strom, um weiter von der EEG-Umlage befreit zu bleiben. "Die harten Grenzen führen dazu: entweder wir kriegen die 14 Prozent hin, dann sparen wir rund 2 Millionen EEG-Umlage. Oder wir kriegen sie nicht hin und dann zahlen wir 2 Millionen EEG-Umlage mehr", erklärt Springorum. Energiepolitisch sei das zwar Wahnsinn, aber die Regelung im Gesetz zwinge ihn zu so einem Verhalten.

Fünf Milliarden Euro für Industrierabatte

Christoph Zschocke von Ökotech Berlin leitet eine große Beratungs-Firma. Seine Energieberater bemerken, dass nicht nur die Hammerwerke so handeln: "Bei Unternehmen, die viel Strom verbrauchen, stellen wir fest, dass die Möglichkeiten, dort Strom einzusparen, nicht gewollt sind. Das heißt, die Unternehmen möchten gar nicht Strom einsparen, weil sie nicht die EEG-Umlage bezahlen möchten." Fünf Milliarden Euro kosten die Industrierabatte die Stromkunden jährlich. So wird durch ein Gesetz der Bundesregierung Jahr für Jahr massenhaft Strom verschwendet.

EEG: Basteln an einer Notlösung

Dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium ist das alles bekannt. Bemerkenswert aber: In einem ersten neuen Gesetzesentwurf hat Sigmar Gabriels Ministerium das Problem offenbar verdrängt. Denn einen Lösungsvorschlag findet man in dem 250 Seiten dicken Entwurf nicht. Auf Druck der CDU/CSU tüfteln die Beamten im Ministerium jetzt aber doch noch auf den letzten Drücker an einer Notlösung. Doch die droht äußerst bürokratisch und kompliziert zu werden. Ob das, im ohnehin bürokratischen EEG, aber wirklich etwas bringt, ist  zweifelhaft.

 

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Der Panorama-Beitrag vom 26. Mai 2016 als PDF-Dokument zum Download. Download (171 KB)

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 26.05.2016 | 21:45 Uhr

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