Schikane: Der Umgang mit kritischen Soldaten
Wenn Oberleutnant Philip Klever morgens zur Arbeit in die Kaserne fährt, steht ihm meistens ein äußerst langweiliger Tag bevor. "Ich mache heute rein gar nichts", sagt er im Interview mit Panorama. Allerdings würde der Offizier gerne arbeiten. Klever ist speziell für die Systeme des Eurofighters der Bundeswehr ausgebildet. Ein Experte auf seinem Gebiet. Ein jahrelanges Studium war für diese Spezialkenntnisse in der Elektrotechnik notwendig; alles finanziert von der Bundeswehr.
Einsatz-Verweigerung aus Gewissensgründen
Nur hat Offizier Klever ein Problem - oder die Bundeswehr eines mit ihm: Klever verweigerte Anfang dieses Jahres seinen Einsatz im Feldlager Masar-i-Scharif in Afghanistan. Nicht, weil er Angst um sein Leben hat - ihn hätte ein ziemlich ungefährlicher Job hinter Computern und Telefonen erwartet. Sondern, weil er diesen Einsatz nicht mit seinem Gewissen vereinbaren konnte. Bei diesem ungefährlichen Job hinter Computern und Telefonen hätte er nämlich an einer Schnittstelle gesessen, die eng mit der US-Armee zusammenarbeitet. Klever hätte Störflugzeuge koordiniert und geleitet. Diese Flugzeuge sollen die Kommunikation am Boden stören und dienen auch zur Vorbereitung von Luftangriffen. Für die Bundeswehr ein rechtmäßiger, vom Mandat gedeckter, Einsatz. Klever aber befürchtete, dass seine Informationen zur gezielten Jagd auf Terroristen genutzt werden würden. Die Bundeswehr hat aber kein Bundestagsmandat zum gezielten Töten von Aufständischen oder Terroristen in Afghanistan, sie beschränkt sich im Rahmen des ISAF-Mandats auf den Wiederaufbau, bildet zum Beispiel afghanische Sicherheitskräfte aus.
Klever wollte am Töten nicht beteiligt sein. Er sprach mit Soldaten, die bereits im Einsatz waren, mit einem Pfarrer und Freunden. Sein Entschluss stand fest: Ich verweigere den Einsatz. Das ist sein gutes Recht, und die Bundeswehr erkannte seine Gewissensgründe auch an.
Sinnlose Beschäftigung und Schikanen
Soweit so gut? Im Gegenteil. Klever wurde noch am Tag seiner Verweigerung aus seinem Großraumbüro in ein karges Einzelzimmer gesteckt, ohne Internet, ohne Intranet und mit Umzugskisten in der Ecke. "Loch" haben seine Kollegen sein neues Büro getauft. Sofort wurde ein Versetzungsantrag geschrieben - ein ziemlich unüblicher Vorgang bei der Bundeswehr.
Und die Schikanen gehen immer noch weiter: Er solle doch mal zusammenfassen, was seine Einheit hier alles mache, so Klevers Auftrag. Für einen speziell ausgebildeten Elektroingenieur eine sinnlose Aufgabe, aber auch die erfüllte er und harrt nun seit knapp einem Monat auf neue Aufgaben. "Das Mitdenken ist nicht gewollt, es geht darum Befehle auszufüllen und dieser Staatsbürger in Uniform, der eigentlich Befehle hinterfragen soll, der ist nicht gewünscht", so Klever. Die Bundeswehr möchte sich mit Hinweis auf ein laufendes Verfahren nicht äußern, erklärt auf Panorama-Anfrage, dass die Ermittlungen noch andauern und man zu Personalentscheidungen nichts sagen wolle. Immerhin hat Klever nach dem Panorama-Interview einen neuen Computer bekommen.