Abzocke im Klo: Betrug mit dem Trinkgeld?
Wie heißt es im Volksmund: "Kleinvieh macht auch Mist". Für die Kleingeldteller in öffentlichen Toiletten trifft dies auf jeden Fall zu. Tageseinnahmen von bis zu 1.000 Euro in gut frequentierten Toiletten sind auf jeden Fall drin. Doch das Geld bekommt, anders als viele gemeinhin glauben, nicht vor allem die Reinigungskraft, sondern ihre "Arbeitgeber", oftmals dubiose Firmen. Diese lassen ihre Angestellten zu teils sehr kreativen Bedingungen arbeiten.
Ein Modell: Die Reinigungskraft reinigt die Toiletten streng nach Arbeitsvertrag acht Mal am Tag für jeweils eine Viertelstunde. Bezahlt werden dann nur zwei Stunden Arbeitszeit, also auch nur Sozialversicherungsabgaben für zwei Stunden. Den Rest der Zeit verbringt die Kraft zwar - nach Erfahrung des Zolls - meist auch am Arbeitsplatz, aber das ist nach Ansicht des Toilettenunternehmers "Freizeit". Dafür gibt es keinen Lohn, und der Unternehmer spart sich zusätzlich die Sozialversicherungsbeiträge.
Schaden für die Sozialkassen
Der Unternehmer bestreitet die Vorwürfe im Interview mit Panorama. Die Mitarbeiter seien ordnungsgemäß angemeldet und alle Sozialabgaben abgeführt worden. Zoll und Staatsanwaltschaft wollen ihre Ermittlungen im Laufe des Jahres beenden. Eine Anklage ist wahrscheinlich, denn der Schaden für die Sozialkassen soll in die Millionen gehen.
Das Geschäft mit dem Toilettengroschen lohnt sich, bereits vor 15 Jahren hatte Panorama über die Machenschaften berichtet. Säckeweise schaffen die Hintermänner das Kleingeld aus den Toiletten. Dabei sind die "Toilettenkönige" inzwischen im Visier von Zoll und Staatsanwaltschaft. Doch der Nachweis für den Betrug ist schwierig, der Erfindungsreichtum enorm.
"Keine Reinigungstätigkeit"
So klagte im Jahr 2010 eine Berliner Firma vor dem Sozialgericht gegen einen Nachzahlungsbescheid der Rentenkasse. Jahrelang hatte die Firma ihrem Toilettenpersonal nur einen Lohn zwischen 3,60 Euro und 4,50 Euro gezahlt. Dabei gibt es längst einen Mindestlohn im Reinigungsgewerbe, der bei rund acht Euro liegt. Doch der Unternehmer argumentierte dagegen: Die Angestellten seien gar keine Reinigungskräfte. Zwar würden sie auch die Toiletten putzen und hin und wieder den Boden wischen, letztendlich würden sie aber viel mehr Zeit damit verbringen, auf den Trinkgeldteller aufzupassen. Und das sei nun mal keine Reinigungstätigkeit.
Die Richter des Sozialgerichts Berlin sahen das anders und bestätigten in erster Instanz den Nachzahlungsbescheid. Nun klagt die Firma vor dem Landessozialgericht.