Sozialbetrug: das Geschäft mit dem Geschäft
Wie heißt es im Volksmund: "Kleinvieh macht auch Mist"? Für die Kleingeldteller in öffentlichen Toiletten trifft dies auf jeden Fall zu. Tageseinnahmen von bis zu 1.000 Euro in gut frequentierten Toiletten sind auf jeden Fall drin. Doch das Geld bekommt, anders als viele gemeinhin glauben, nicht die Reinigungskraft, sondern ihre "Arbeitgeber", oftmals dubiose Firmen. Diese lassen ihre Angestellten oft zu teils sehr kreativen Bedingungen arbeiten.
"Freizeit" auf dem Klo
Ein Modell: Die Reinigungskraft reinigt die Toiletten streng nach Plan drei Mal in neun Stunden, für jeweils eine halbe Stunde. Bezahlt werden dann eineinhalb Stunden Arbeitszeit und für diese eineinhalb Stunden auch die Sozialversicherungsabgaben. Den Rest der Zeit verbringt die Kraft zwar meistens auch am Arbeitsplatz, aber das ist nach Ansicht des Toilettenunternehmers "Freizeit". Dafür gibt es keinen Lohn, und der Unternehmer spart sich die Sozialversicherungsbeiträge.
Lukrative Toilettengroschen
Das Geschäft mit dem Toilettengroschen lohnt sich nach wie vor. Säckeweise schaffen die Hintermänner das Kleingeld aus den Toiletten. Dabei sind die "Toilettenkönige" schon seit Jahren im Visier von Zoll und Staatsanwaltschaft. Bereits vor 15 Jahren hattePanoramaüber ihre Machenschaften berichtet. Doch der Nachweis für den Betrug ist schwierig, der Erfindungsreichtum enorm.
So klagte im Jahr 2010 eine Berliner Firma vor dem Sozialgericht gegen einen Nachzahlungsbescheid der Rentenkasse. Jahrelang hatte die Firma ihrem Toilettenpersonal nur einen Lohn zwischen 3,60 Euro und 4,50 Euro gezahlt. Dabei gibt es längst einen Mindestlohn im Reinigungsgewerbe, und der liegt bei rund acht Euro. Doch der Unternehmer argumentierte dagegen: Die Angestellten seien gar keine Reinigungskräfte. Zwar würden sie auch die Toiletten putzen und hin und wieder den Boden wischen, letztendlich würden sie aber viel mehr Zeit damit verbringen, auf den Trinkgeldteller aufzupassen. Und das sei nun mal keine Reinigungstätigkeit.
Die Richter des Sozialgerichts Berlin sahen das anders und bestätigten in erster Instanz den Nachzahlungsbescheid. Nun klagt der Chef vor dem Landessozialgericht.