Der Schriftzug wirecard  am Firmensitz in Aschheim. © dpa picture alliance Foto: Frank Hoermann

Wirecard und der Ex-Geheimdienstkoordinator

Stand: 22.07.2020 18:20 Uhr

Wie der "Spiegel" berichtet, hat sich offenbar auch der frühere Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, Klaus-Dieter Fritsche, für den Skandal-Konzern Wirecard engagiert.

von Stefan Buchen

Klaus-Dieter Fritsche © NDR Foto: Screenshot
Ging im März 2018 eigentlich in den Ruhestand: der ehemalige Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche.

Die Liste einflussreicher Personen, die sich offenbar für den Skandal-Konzern Wirecard eingesetzt haben, wird länger. Laut einem Bericht des "Spiegel" gehört auch Klaus-Dieter Fritsche, der frühere Geheimdienstkoordinator der Bundesregierung, dazu. Fritsche, der 2018 vom Kanzleramt in den Ruhestand verabschiedet wurde, hat demnach am 13. August 2019 für Wirecard einen Gesprächstermin an seiner alten Wirkungsstätte angefragt.

Gespräch im Kanzleramt

Angela Merkels ehemaliger Geheimdienstmann agierte anscheinend erfolgreich als Türöffner für den Bezahldienstleister aus Bayern, der inzwischen als betrügerischer Bankrott-Konzern bekannt wurde und Insolvenz anmelden musste. Der "Spiegel" berichtet, dass das von Fritsche eingefädelte Gespräch am 11. September 2019 im Bundeskanzleramt stattfand. Außer Fritsche nahmen demzufolge der ehemalige Wirecard-Finanzvorstand Alexander von Knoop und ein weiterer Mitarbeiter des früheren Dax-Konzerns daran teil. Empfangen wurde die Delegation von Lars-Hendrik Röller, Merkels Abteilungsleiter für Wirtschaft und Finanzen.

Der Schriftzug wirecard  am Firmensitz in Aschheim. © dpa picture alliance Foto: Frank Hoermann
Bankrott-Konzern: Wirecard-Firmensitz in Aschheim.

Bei dem Termin habe "die Wirecard AG in allgemeiner Form über ihre Geschäftsaktivitäten in Fernost" informiert, zitiert das Nachrichtenmagazin einen Regierungssprecher. Wie inzwischen bekannt ist, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sich bei einer China-Reise, die wenige Tage vor dem Besuch ihres ehemaligen Geheimdienstkoordinators stattfand, für die Anliegen von Wirecard eingesetzt. Den Termin im Kanzleramt habe er angefragt, weil es sich bei Wirecard um eines von vier Dax-Unternehmen aus Bayern gehandelt habe, begründete Fritsche, der Mitglied der CSU ist, sein Engagement gegenüber dem Spiegel. Er gab an, für seine Vermittlung ein Honorar von Wirecard erhalten zu haben.

Brisant sind die Enthüllungen zu Fritsche auch deshalb, weil er im Sommer 2019 noch eine andere Funktion hatte: Er war Berater des österreichischen Innenministeriums mit eigenem Büro am Sitz des österreichischen Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Wien, wie Panorama im März 2019 berichtete.

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Vorliebe für die Welt der Geheimdienste

Für diese Funktion war der deutsche Ruheständler Anfang 2019 vom damaligen Innenminister Herbert Kickl, dem Scharfmacher der Rechtsaußen-Partei FPÖ, gewonnen worden. Wie im Zuge des Zusammenbruchs von Wirecard bekannt wurde, ging Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek, der sich nun auf der Flucht befindet, bei Kickl ein und aus. Sowohl über Marsaleks Verbindungen zur FPÖ als auch zu ausländischen Geheimdiensten, etwa dem russischen, ist in den vergangenen Tagen viel geschrieben worden. Die "Spiegel"-Nachricht wirft nun die Frage auf, welche Verbindungen die beiden Kickl-Höflinge Fritsche und Marsalek womöglich miteinander hatten. Denn außer ihrer Nähe zu Kickl hatten sie noch etwas gemeinsam: ihre Vorliebe für die Welt der Geheimdienste.

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Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 07.03.2019 | 21:45 Uhr

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