Verzögerte Regulierung: Müssen Gesetze geändert werden?
Verzögern Versicherungen systematisch die Regulierung von Schäden? Und sind deshalb Gesetzesänderungen notwendig? Im Bundesjustizministerium waren so viele Beschwerden von Versicherten eingegangen, dass das Ministerium den Fragen nachgehen wollte. Im Februar hatte das Ministerium - auch als Reaktion auf eine entsprechende Panorama-Berichterstattung) - die Landesjustizverwaltungen um Stellungnahme gebeten, ob und in welchem Umfang Versicherungen die Regulierung von Schäden verzögern und ob Gesetzesänderungen notwendig sind.
Nun hat das Ministerium erste Ergebnisse veröffentlicht. Danach hätten die Landesjustizverwaltungen ganz überwiegend weder die erhobenen Vorwürfe bestätigt noch Rechtsänderungen für erforderlich gehalten, so das Ministerium. Das geltende Recht sei ausreichend, um Verzögerungstaktiken zu unterbinden oder zu sanktionieren.
Abweichende Meinungen einzelner Gerichte
Einzelne Gerichte kommen in ihren Stellungnahmen aber auch zu anderen Einschätzungen: Auf Seiten der Versicherung werde oft kompromisslos gekämpft, insbesondere bei höheren Streitwerten, "zum Beispiel in der Feuerversicherung oder Berufsunfähigkeitsversicherung, auch in Arzthaftungssachen oder dann, wenn es um Unfall- oder Invaliditätsversicherungen gehe", so das Ministerium. Einige hielten insbesondere das Regulierungsverhalten nach Verkehrsunfällen für kleinlich, um jede Schadensposition werde gestritten.
Außerdem machten einzelne Gerichte konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen. So sei etwa eine Beweislastumkehr oder zumindest Beweiserleichterungen bei nachweisbarer Regulierungsverzögerung notwendig. Außerdem müsse es in Zukunft leichter sein, den Schaden zu schätzen. Richter forderten auch, gesetzliche Fristen zur Bescheidung von Schadensersatzforderungen insbesondere bei Verkehrsunfällen einzuführen. Die bereits von einigen Gerichten praktizierte Erhöhung des Schmerzensgeldes bei verzögerter Leistung müsse gesetzlich geregelt werden. Der Mindestverzugszins müsse erhöht werden.
GDV sieht keinen Regelungsbedarf
Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hatte in seiner Stellungnahme an das Ministerium auf geringe Klage- und Beschwerdequoten sowie die positiven Ergebnisse von Kundenbefragungen verwiesen. Experten sagen allerdings, dass nur sehr wenige Versicherte nach einer Ablehnung vor Gericht ziehen, weil in solchen Fällen Kosten und Risiko vor Gericht hoch sind. Insofern seien die geringen Prozessquoten nicht überraschend. Entscheidend sei vielmehr, wie viele Leistungsfälle von den Versicherungen abgelehnt werden.
Andere Verbände kritisierten das Verhalten der Versicherungen: Es seien mehr oder weniger alle Versicherungssparten betroffen und das nicht nur bei hohen Schadenssummen, sagte zum Beispiel Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen. Auch der Bund der Versicherten teilte die Kritik.
Ministerium prüft die Stellungnahmen
Das Bundesjustizministerium will die Stellungnahmen der Justizverwaltungen und der Verbände nun daraufhin prüfen, ob sich gesetzliche Änderungen empfehlen. Im September 2013 soll es eine mündliche Anhörung mit allen Beteiligten geben.