Unprofessionelle Polizisten? Freispruch im G20-Verfahren
Am vergangenen Samstag ist ein Freispruch des Amtsgerichts Hamburg-Altona in einem G20-Verfahren rechtskräftig geworden. Dem 32 Jahre alten Angeklagten Evgenii P. war zur Last gelegt worden, während des G20-Gipfels in Hamburg im Juli 2017 drei Flaschen auf Polizeibeamte geworfen zu haben. Der Prozess dauerte 15 Verhandlungstage. Laut Gericht wurde der Angeklagte freigesprochen, weil sich im Prozess anhand der Zeugenaussagen von Polizisten nicht eindeutig belegen ließ, dass es sich bei dem vermummten Werfer um Evgenii P. handelte.
Behinderten zivile Polizisten die Aufklärung?
Bemerkenswert ist hierbei die Kritik des Gerichts an dem Auftreten sowie den Aussagen der in zivil agierenden Polizisten vor Ort, den sogenannten Tatbeobachtern. Fünf Beamte wurden im Rahmen des Prozesses vernommen, die dabei ihr äußeres Erscheinungsbild zum Teil veränderten bzw. anonymisierten, wie das Gericht Panorama bestätigte.
Gericht und Staatsanwaltschaft warfen den Beamten zudem mangelnden Aufklärungswillen vor: Auf wesentliche Fragen verweigerten die Polizisten die Aussage und beriefen sich dabei auf beschränkte Aussagegenehmigungen. Verteidiger Lukas Theune sagte dazu, dass der "Richter betonte, dass das Auftreten der Polizei unseriös und unprofessionell war und auf derartige Polizeiarbeit keine rechtsstaatlichen Urteile gestützt werden können." Ein Sprecher des Oberlandesgerichts bezeichnete diese Aussage als "verallgemeinernde Interpretation der mündlichen Urteilsbegründung".
Evgenii P. saß über vier Monate in Untersuchungshaft. Hierfür erhält er eine Entschädigungszahlung, die laut Verteidigung bei knapp 4.000 Euro liegt.
Ungereimtheiten in anderen G20-Verfahren
Auch in anderen Prozessen rund um den G20-Gipfel kam es zu Ungereimtheiten. Das Verfahren gegen den Italiener Fabio V. platzte im Februar 2018 nach mehreren Monaten und zwölf Verhandlungstagen. Die Richterin, die dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Hamburg-Altona vorsitzt, hatte sich hochschwanger krank gemeldet. Der 19-jährige Italiener saß fast fünf Monate in Untersuchungshaft, ihm wurden versuchte Körperverletzung, tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte sowie schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Er war nach der Auflösung eines Protestzuges festgenommen worden, aus dem heraus einige Bengalos und Steine in Richtung von Polizisten geworfen worden waren. Die Staatsanwaltschaft konnte Fabio V. jedoch nicht nachweisen, eigenhändig Gewalt ausgeübt zu haben. Deshalb versuchte sie, den Vorwurf des Landfriedensbruchs auf die Behauptung zu stützen, Fabio V. habe die Gewalttäter in den Reihen der Demonstranten "psychisch unterstützt". Der Fortgang des Verfahrens ist weiterhin unklar.
Zeugenaussagen von Polizisten haben sich in einem weiteren G20-Prozess als falsch erwiesen. In dem Verfahren wurde einem 27-Jährigen vorgeworfen, die Piloten eines Polizeihubschraubers mit einem Laserpointer geblendet und einen "Beinahe-Absturz" herbeigeführt zu haben. Der Familienvater war wegen "versuchten Mordes" festgenommen worden. In der Hauptverhandlung zweifelte das Gericht die Aussagen der Polizisten im Cockpit an. Die Piloten seien nicht, wie behauptet, vom Laser in den Augen getroffen worden. Außerdem widerlegte ein Sachverständiger anhand aufgezeichneter Flugdaten die Behauptung, der Hubschrauber sei in der Luft mehr als 90 Meter abgesackt. Der Angeklagte wurde zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe wegen "versuchten gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr und versuchter Körperverletzung" verurteilt. Die Staatsanwaltschaft sowie die Verteidigung haben gegen das Urteil Berufung eingelegt.