Stand: 21.01.2019 14:30 Uhr

Strafe für Bundeswehr-Elitesoldat wegen Hitlergruß

von Johannes Jolmes

Ein Oberstleutnant des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr hat einen Strafbefehl wegen eines Hitlergrußes akzeptiert. Das bestätigten das Amtsgericht Böblingen und die Staatsanwaltschaft Stuttgart auf Nachfrage von Panorama, Radio Bremen und dem Y-Kollektiv. Der ehemalige Kompaniechef hatte erst Einspruch gegen den von der Staatsanwaltschaft Stuttgart beantragten Strafbefehl eingelegt, diesen Einspruch dann aber zurückgenommen. Damit wird der Strafbefehl über 4.000 Euro rechtskräftig.

VIDEO: Hitlergruß und Rechtsrock - Ermittlungen gegen Kompaniechef (9 Min)

Der Oberstleutnant der Bundeswehr-Eliteeinheit KSK (Kommando Spezialkräfte) hatte auf seiner Abschiedsfeier den Hitlergruß gezeigt. Panorama, Radio Bremen und das Y-Kollektiv hatten im vergangenen Jahr über die Abschiedsfeier berichtet. Die Staatsanwaltschaft leitete deswegen Ermittlungen gegen den Offizier ein. Gegen einen weiteren Soldaten ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart, auch er soll einen Hitlergruß gezeigt haben. Die Ermittlungen stützten sich vor allem auf die Aussagen einer Augenzeugin, die anonym in Panorama über den Abend berichtet hatte.

Bundeswehr gibt sich weiter ahnungslos

Der rechtskräftige Strafbefehl ist insbesondere deshalb bemerkenswert, da zuvor interne Ermittlungen der Bundeswehr zum gegenteiligen Ergebnis gekommen waren. Offenbar schenkte die Bundeswehr den Aussagen der untergebenen Soldaten Glauben, die keinen Hitlergruß ihres Kompaniechefs gesehen hatten. Die Bundeswehr erklärte dazu, von diesem Vorgang noch keine Kenntnis zu haben. Die internen Ermittlungen zu dem Soldaten dauerten weiter an. Zur Zeit dürfe der Soldat seinen Dienst nicht ausüben.

Bei einer Abschiedsfeier für den Kompaniechef der 2. Kompanie des KSK am 27. April 2017 auf einer Schießanlage in der Nähe von Stuttgart sollen laut der Augenzeugin mehrere Soldaten den Hitlergruß gezeigt sowie Rechtsrock gehört haben. Die Augenzeugin schilderte, dass sie von einem befreundeten Soldaten zu der Abschiedsfeier als "Hauptpreis" für den Kompaniechef eingeladen worden war. Hauptpreis meinte in diesem Fall Sex, zu dem es dann aber offenbar nicht kam. Ihre Angaben belegte die Augenzeugin mit diversen Chatnachrichten und Flugtickets.

Parcours, Rechtsrock und Hitlergruß

Diese Chatnachrichten belegten die Planung der Veranstaltung durch die KSK-Soldaten. "Jetzt haben wir uns überlegt, was können wir für den Chef machen. Er muss einen Parcours ablaufen. Am Ende bist du dann sein Preis. Dann darf er dich mit ins Zelt nehmen und ordentlich an dir austoben. Glaub mir, das wird genau dein Ding", teilte ihr ein KSK-Soldat mit.

Dieser Parcours sah laut Bundeswehr, die auf Nachfrage vom Y-Kollektiv, Radio Bremen und Panorama anwesende Soldaten vernommen hat, wie folgt aus: "Dieser Parcours stand unter dem Motto 'römisch-mittelalterliche Spiele'." Einige Soldaten trugen deswegen Überhänge, die zu dieser Zeit passen sollten. Zu den Aufgaben zählten Bogenschießen, das Zerteilen von Melonen und Ananas mit einem Schwert, das Zerteilen eines Holzstammes mit einer Axt, das Werfen von Schweineköpfen und das Überwinden einer Hinderniswand."

Keine Hinweise habe man auf den Hitlergruß, so die Bundeswehr nach ersten Ermittlungen. Die Truppe stützte sich auf Aussagen von anwesenden Elitesoldaten, die von Vorgesetzten im Nachgang zu dem Abend befragt wurden. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart kam nach monatelangen Ermittlungen zu einem anderen Ergebnis und hielt die Aussagen der Augenzeugin für glaubhaft.

 

Weitere Informationen
Hitlergruß bei der Verabschiedung eines Kompaniechefs des KSK? © NDR

KSK-Kompaniechef: Strafbefehl wegen Hitlergruß

Wegen eines Hitlergrußes eines KSK- Kompaniechefs hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart einen Strafbefehl beantragt. Die internen Ermittlungen der Bundeswehr verliefen im Sande. mehr

Fahnen-Spalier am Freiheitsdenkmal © Julian Feldmann Foto: Julian Feldmann

Lettland: Jubel für SS und Bundeswehr

Seit dem Untergang des Sozialismus wird in Lettland den angeblichen "Freiheitskämpfern" der Waffen-SS gedacht. Nationalistische und antirussische Töne werden von Jahr zu Jahr lauter. mehr

Hitlergruß bei der Verabschiedung eines Kompaniechefs des KSK? © NDR

Hitlergruß? Ermittlungen gegen Kompaniechef

Rechtsrock und Hitlergruß auf einer Verabschiedungsfeier für den Kompaniechef? Bundeswehr und Staatsanwaltschaft haben Ermittlungen wegen möglicher rechtsradikaler Vorfälle aufgenommen. mehr

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei einer Rede in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg. © dpa Foto: Daniel Reinhardt

Von der Leyen zu Panorama-Recherche: Vorgänge bei KSK "geschmacklos"

Verteidigungsministerin von der Leyen hält die Vorgänge bei der Elitetruppe KSK für geschmacklos. Panorama hatte von einer Abschiedsfeier berichtet, bei der es zu Hitlergrüßen gekommen sein soll. mehr

Johannes Jolmes © NDR
6 Min

Panorama: "Die Aussagen der Zeugin sind für uns glaubhaft"

Johannes Jolmes spricht bei tagesschau24 über den Verdacht, dass Mitglieder der Eliteeinheit KSK bei einer Party zum Abschied eines Kompaniechefs den Hitlergruß gezeigt haben sollen. 6 Min

Soldatenjacken mit der Deutschlandfahne hängen auf einer Stange. © imago Foto: Gerhard Leber
2 Min

Tradition: Rechter Korpsgeist in der Bundeswehr

Zeugt der Skandal um Bundeswehroffizier Franco A. von "Haltungsproblemen" und "Führungsschwäche"? Ein Problem mit "rechtem Korpsgeist" hat die Truppe jedenfalls schon länger. 2 Min

Hitlergruß bei der Verabschiedung eines Kompaniechefs des KSK? © NDR
4 Min

tagesschau: Bundeswehr ermittelt bei Elitetruppe

Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr muss sich gegen schwere Vorwürfe wehren. Mitglieder der Eliteeinheit sollen nach Panorama-Recherchen bei einer Party zum Abschied eines Kompaniechefs den Hitlergruß gezeigt sowie Rechtsrock gespielt haben. 4 Min

Dieses Thema im Programm:

Das Erste | Panorama | 17.08.2017 | 21:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bundeswehr

Panorama 60 Jahre: Ein Mann steht hinter einer Kamera, dazu der Schriftzug "Panorama" © NDR/ARD Foto: Screenshot

Das Panorama-Archiv

Alle Panorama-Beiträge seit 1961: Stöbern im Archiv nach Jahreszahlen oder mit der Suchfunktion. mehr

Kalender © Fotolia.com Foto: Barmaliejus

Panorama-Geschichte

Als erstes politisches Fernsehmagazin ging Panorama am 4. Juni 1961 auf Sendung. Die Geschichte von Panorama ist auch eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. mehr