SPD: Soziale Gerechtigkeit, aber bitte nicht konkret!
"Zeit für mehr Gerechtigkeit" - heute wäre sie im Bundestag da gewesen. Doch die SPD hat sie verstreichen lassen und gegen den Gesetzentwurf der Linken gestimmt, der eine Abschaffung der sogenannten "sachgrundlosen" Befristung vorsieht. Dabei ist die Abschaffung der "sachgrundlosen" Befristung eigentlich eines der großen Themen von Martin Schulz. Sie ist eine der zentralen Forderungen im Entwurf des SPD-Wahlprogramms, das am Sonntag auf dem Bundesparteitag beschlossen werden soll.
Doch Papier ist geduldig, schließlich stand Gleiches auch schon 2013 im SPD - Wahlprogramm. In den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU geriet die Abschaffung der "sachgrundlosen Befristung" dann aber irgendwann in Vergessenheit. Und auch die Ministerinnen und Minister der SPD scherten sich in den letzten vier Jahren kaum darum.
Zahl der Befristungen angestiegen
Im Gegenteil. Sie haben in der vergangenen Legislaturperiode ihre Mitarbeiter nur allzu gerne befristet angestellt. Und oftmals ohne Sachgrund. Im Arbeits- und Sozialministerium von Frau Nahles etwa stieg die Zahl der Befristungen seit 2003 um 26 Prozent. Der Anteil der Befristungen ohne Sachgrund an den befristeten Stellen lag 2016 bei 41,4 Prozent. Noch drastischer sind die Zahlen im SPD-geführten Familienministerium. Eine Zunahme um 37,5 Prozent. 63,4 Prozent der Verträge sind inzwischen sachgrundlos befristet. Das ergaben Nachfragen der Bundestagsabgeordneten Jutta Krellmann (Die Linke) .
Wer Erwartungen weckt, muss sich an seinen Taten messen lassen
Sicher mag es dafür Gründe geben. Das Familienministerium nennt etwa zusätzliche Aufgaben im Zuge der Flüchtlingskrise und will die Stellen möglichst bald entfristen. Doch die Zahlen zeigen auch, wie schwer es ist, "Zeit für mehr Gerechtigkeit" umzusetzen - selbst, wenn man Frau oder Herr im eigenen Hause ist. Politische Idealvorstellungen sind das eine, die Realität das andere. Dass die SPD heute nicht für den Gesetzentwurf der Linken gestimmt hat, geschenkt! Noch befinden sich die Sozialdemokraten schließlich in einer Koalition mit der CDU/CSU. Doch wer große Erwartungen weckt, muss sich letztlich an seinen Taten messen lassen. So funktioniert Demokratie. Wer nicht liefert, untergräbt das Vertrauen in sie.