Rostock, Pegida, Heidenau: Und ewig grüßt das braune Murmeltier
Meißen, Freital, Dresden. Und jetzt Heidenau in Sachsen. Aus Protesten wird Gewalt, diesmal vor dem ehemaligen Praktiker-Baumarkt, der seit dem Wochenende als Unterkunft für Asylbewerber dient.
Parallel zur geplanten Ankunft der ersten Flüchtlinge am vergangenen Freitag marschierte eine NPD-Demo durch Heidenau, ein grölender Mob zog im Anschluss hetzend zur Erstaufnahmeeinrichtung. Es flogen Steine, Flaschen und Böller, es kam zu gewaltsamen, rassistischen Ausschreitungen, etwa 33 Polizisten wurden seither verletzt.
Töne wie in Rostock
Und daneben die Schaulustigen, der "besorgte Bürger", still zustimmend oder applaudierend - "die Ausländer wollen wir hier nicht haben. Wir wollen nicht, dass die hier klauen und stören", heißt es in Heidenau . Diese Töne und Bilder rufen Erinnerungen wach, an den August 1992, an Rostock-Lichtenhagen. Auch damals gab es Stimmen aus dem Mob, die ähnlich klangen: "Wir sind hier in unserem Block bestimmt nicht ausländerfeindlich." Von Ausländern und Asylbewerbern aber hatten die Menschen damals nahezu dasselbe Bild: "Das sind in meinen Augen Schmarotzer, die auf unsere Kosten, auf die arbeitenden Menschen hier, sich fett machen wollen."
Öl ins Feuer
Hat Deutschland aus den fremdenfeindlichen Übergriffen in Lichtenhagen etwas gelernt? Mehr als 150 Anschläge auf Asylbewerberheime haben in den letzten Monaten stattgefunden. Nein, nicht nur in Ostdeutschland. Auch in Stuttgart. Oder Escheburg.
Die Politik? Hat bisher geschwiegen oder sogar Öl ins Feuer gegossen: "Geldanreize für Flüchtlinge streichen", "Schengen abschaffen" - am Ende fühlen sich die Heidenauer wie Vollstrecker des "gesunden Volksverstandes". Erst jetzt wacht die Bundesregierung langsam auf, will den Rechtsstaat durchsetzen.
Späte Worte
Heute endlich ist Vizekanzler Sigmar Gabriel nach Heidenau gereist, auf Einladung des dortigen Bürgermeisters Jürgen Opitz. "Man darf einen solchen Bürgermeister nicht alleine lassen", sagte der SPD-Chef vor Ort. Und er mahnte: "Man darf diesen Typen, die sich hier in den letzten Tagen ausgebreitet haben, keinen Millimeter Raum geben". Es bedürfe ein entschlossenes Vorgehen von Politik und Gesellschaft.
"Im Namen der gesamten Bundesregierung" sei Gabriel nach Heidenau gefahren, so der Regierungssprecher Steffen Seibert. Doch ein Besuch nach 150 Anschlägen auf Asylbewerberheime ist keine große Geste.