Behindern unqualifizierte NGOs auf Lesbos eine wirksame Grenzsicherung gegen Flüchtlinge? Hans-Christian Ströbele, Abgeordneter der Grünen, hat mit einer Anfrage an die Bundesregierung gegen die griechische Behördenpraxis protestiert, NGO-Helfer auf bzw. vor Lesbos durch Festnahmen und Schikanen daran zu hindern, dort Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten. Panorama hatte über die Schikanen der Behörden vor Ort berichtet.
VIDEO: Lästige Lebensretter: Flüchtlingshelfer unter Druck (11 Min)
Anfrage im Wortlaut
"Inwieweit treffen nach Kenntnis der Bundesregierung Helfer- und Medienberichte zu, u.a. von ARD-Panorama vom 28.1.2016 ("Lästige Lebensretter"), wonach die griechische Küstenwache NGO-Helfern (wie Greenpeace, Ärzte ohne Grenzen, Sea-Watch, Rettungsschwimmer von PROMAID und TeamHumanity) Boots-Patrouillen vor Lesbos schriftlich untersagt habe, 3 spanische und 2 dänische Rettungsschwimmer am 15.1.2016 wegen Menschenschmuggels festnahm, am 13.1.2016 eine von Ärzten betriebene Funkstation zur Flüchtlings-Ortung sowie Koordinierung von Lebensretter-Bootseinsätzen auf Lesbos polizeilich schließen ließ, andererseits die Küstenwache selbst gar nicht oder viel zu spät zu hilfsbedürftigen Menschen in Schlauchbooten ausrücke, und wie wird die Bundesregierung nun gegenüber der griechischen Regierung intervenieren, selbst die Lebensrettung der Flüchtlinge auf dem Meer zu intensivieren und zu unterstützen statt auf diese Weise zu behindern?"
Die Antwort auf die Anfrage fiel kurz aus: der Bundesregierung sei bekannt, dass auf Lesbos derzeit etwa 120 NGOs aktiv sind, von denen einige nach Bewertung griechischer Behörden nicht über notwendige Qualifikationen verfügten - und mitunter deren Arbeit behinderten. "Dies beziehe sich insbesondere auf die Durchführung eines effektiven Grenzschutzes, die Seenotrettung und kontrollierte Anlandungen. (...)"
Antwort der Bundesregierung
Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage des Grünen-Politikers Ströbele bezüglich der griechischen Behördenpraxis, NGO-Helfer durch Festnahmen und Schikanen an Rettungsversuchen zu hindern.
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Grenzschutz geht vor
"Nicht die Rettung von Menschenleben aus Seenot, sondern effektiver Grenzschutz haben offenbar Priorität", so Ströbele als Reaktion auf die Antwort der Bundesregierung. "Meine Frage, wie sie die verdienstvolle Arbeit der NGOs durch Einflußnahme auf die Griechen unterstützen wird, beantwortet die Bundesregierung leider gar nicht. Ich habe eine Vervollständigung der Antwort beim Auswärtigen Amt angemahnt."
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Dieses Thema im Programm:
Das Erste |
Panorama |
28.01.2016 | 21:45 Uhr