Kein deutscher Pass wegen umstrittener Parole?
Die Parole "From the River to the Sea" kann laut Innenministerium ein Ausschlussgrund für die deutsche Staatsbürgerschaft sein. Das geht aus Dokumenten des Innenministeriums hervor, die Panorama vorliegen.
Am 27.06.2024 ist das neue Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft getreten. Demnach sollen Menschen, die in Deutschland arbeiten und gut integriert sind, schon nach fünf statt bisher acht Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten können.
Verschärft wurden die Anforderungen an das Bekenntnis zur sogenannten freiheitlich demokratischen Grundordnung: "Rassismus, Antisemitismus oder jede andere Form von Menschenfeindlichkeit schließen eine Einbürgerung aus", schreibt das Bundesinnenministerium dazu auf seiner Internetseite. Aber nach welchen Kriterien soll das überprüft werden?
Auch Liken, Teilen oder Kommentieren der Parole kann umfasst sein
In dem Dokument, das Panorama vorliegt, wird die Parole "From the River to the Sea", gegebenenfalls mit Zusatz "Palestine will be free" unter 10.1.1.1.3.1. als möglicher Ausschlussgrund für die deutsche Staatsbürgerschaft genannt. Es könnte mit einem Bekenntnis zur deutschen Verfassung unvereinbar sein, wenn es gegen die besondere historische Verantwortung Deutschlands gegenüber jüdischem Leben verstoße. Das beinhaltet etwa auch das Liken, Teilen oder Kommentieren der Parole in den sozialen Netzwerken.
Gerichte uneins über Strafbarkeit der Parole
Die Parole "vom Fluss bis zum Meer" meint das Territorium zwischen Jordan und dem Mittelmeer, auf dem heutigen Gebiet Israels und den palästinensischen Gebieten. Die Eindeutigkeit dieser Parole ist unter Gerichten umstritten. So verneinte etwa das Landgericht Mannheim im Mai eine eindeutige Strafbarkeit dieser Parole. Der Ruf nach einer "Befreiung" Palästinas kann theoretisch auch den Wunsch nach einem gemeinsamen Staat für israelische Juden und Palästinenser auf dem gesamten Territorium zwischen Jordan und Mittelmeer ausdrücken. Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im September sei die Parole Kennzeichen der verbotenen Organisation Samidoun und der Hamas.
Anwendungshinweise veröffentlicht
Panorama und "FragDenStaat" liegen die "vorläufigen Anwendungshinweise" des Innenministeriums zum Staatsangehörigkeitsgesetz für die Bundesländer vor. Diese haben für die Länder, deren Behörden die Einbürgerungen vornehmen, grundsätzlich keinen bindenden Charakter. Jedoch erläuterte ein Sprecher gegenüber der dpa dazu: "Die Praxis der vergangenen Jahre hat jedoch gezeigt, dass die Länder sich an den Anwendungshinweisen des Bundesinnenministeriums orientieren, damit die gesetzlichen Regelungen zum Staatsangehörigkeitsrecht einheitlich angewandt werden."
Auf die Frage, ob diese uneindeutige Parole ein bestimmtes rechtliches Kriterium für die Einbürgerung von Menschen sein könne, antwortet das Bundesinnenministerium, es sei bei Äußerung der Parole der Zusammenhang zu beachten, in dem die Parole geäußert wurde. Etwa, wenn "Aussagen wie 'From the River to the Sea' in Zusammenhang stehen mit einem ausdrücklichen Aufruf zu gewaltsamen Handlungen gegen den Staat Israel." Es sei "im Rahmen der persönlichen Vorsprache des Antragstellers und, soweit erforderlich, in einem ergänzenden Gespräch zu hinterfragen, ob der Antragsteller sich der freiheitlichen demokratischen Grundordnung [...] innerlich glaubhaft zuwendet [...] oder in diesem Fall evtl. eine antisemitische Einstellung besteht", heißt es aus dem Bundesinnenministerium.
Das ganze Papier haben Panorama und "FragDenStaat" hier veröffentlicht: