Der internationale Strafgerichtshof in Den Haag (Niederlande). © NDR

Nun doch: Biden hebt Sanktionen gegen Strafgerichtshof auf

Stand: 03.04.2021 12:52 Uhr

Die neue US-Regierung nimmt Trumps Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof nun doch zurück - die USA kritisieren das Gericht aber weiterhin.

von Armin Ghassim & Jonas Schreijäg

Die neue US-Regierung nimmt Trumps Sanktionen gegen den Internationalen Strafgerichtshof nun doch zurück. Auf Anfrage von Panorama hatte das US-Außenministerium noch im März mitgeteilt, dass die Sanktionen gründlich untersucht würden, von einer Aufhebung jedoch nicht gesprochen. Nun teilte Außenminister Anthony Blinken mit, dass die Sanktionen aufgehoben werden sollen. Dies bedeute jedoch nicht, dass die USA mit den Untersuchungen des Gerichts zu möglichen Kriegsverbrechen in Afghanistan und Palästina einverstanden seien, sondern lediglich, dass die neue Regierung die Sanktionen als "unangemessen und ineffizient" bewerte.

An der grundsätzlichen Kritik der USA gegenüber dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), der nicht von den USA, aber von 123 weiteren Staaten weltweit unterstützt wird, ändere dies aber nichts, so Außenminister Blinken weiter: "Wir sind weiterhin nicht einverstanden mit der Arbeit des IStGH bezüglich der Situationen in Afghanistan und Palästina. Wir sind dagegen, dass das Gericht gegen Angehörige von Staaten ermittelt, die dem Strafgerichtshof nicht angehören, wie die USA und Israel. Wir glauben jedoch, dass wir effektiver dagegen vorgehen können, indem wir mit den Verantwortlichen sprechen und sie nicht bloß sanktionieren."

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Maas begrüßt Entscheidung

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), der die Sanktionen der Trump-Regierung öffentlich kritisiert hatte, begrüßte die Entscheidung: "Heute ist ein guter Tag für den internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit. Die von US-Außenminister Antony Blinken angekündigte Aufhebung der Sanktionen gegen hochrangige Mitarbeiter des Internationalen Strafgerichtshofs ist ein wichtiger Schritt, um die Unabhängigkeit des Gerichtshofs sicherzustellen."

Fatou Bensouda, Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes © NDR Foto: Screenshot
Die Sanktionen, die sich unter anderem gegen die Chefanklägerin Fatou Bensouda richteten, werden aufgehoben.

Im September hatte die Trump-Regierung Sanktionen gegen den Strafgerichtshof und dessen Chefanklägerin Fatou Bensouda verhängt. Bensoudas Konten wurden eingefroren und die Einreise in die USA verboten. Auch diejenigen, die Bensouda bei ihrer Arbeit unterstützen, mussten seitdem mit Sanktionen rechnen, etwa US-Anwälte, die dem internationalen Gericht zuarbeiten. Grund für den beispiellosen Schritt der US-Regierung war, dass Bensouda Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Afghanistan-Konflikt sowie in Palästina untersucht. Dabei geht es neben Vorwürfen gegen die Taliban und die afghanische Armee auch erstmalig in der Geschichte des Internationalen Strafgerichtshofs um mögliche Verbrechen des US-Militärs, des US-Auslandsgeheimdienstes CIA sowie israelischer Kräfte in Palästina. Bisher wird der IStGH häufig dafür kritisiert, dass er fast ausschließlich gegen Verantwortliche in ärmeren Staaten in Afrika ermittelt.

Sanktionen gegen Strafgerichtshof: "Perversion"

Der Internationale Strafgerichtshof wird von 123 Staaten unterstützt, die USA gehörten dem Gericht aber schon vor Trumps Amtszeit nicht an. Trumps Sanktionen gegen das Gericht waren als historischer Angriff auf die internationale Justiz wahrgenommen worden und wurden etwa von Human Rights Watch als "Perversion" bezeichnet. Chefanklägerin Bensouda selbst hatte im Panorama-Interview gesagt: "Es ist schockierend, dass Sanktionen, die normalerweise gegen Terroristen, Drogenschmuggler und Kriegsverbrecher verhängt werden, nun gegen diejenigen verhängt werden, die für Menschenrechte kämpfen. Das ist inakzeptabel und ein Missbrauch von Sanktionen."

Bensoudas Amtszeit endet ohnehin im Juni. Der britische Menschenrechtsanwalt Karim Khan, der im Februar zu ihrem Nachfolger gewählt worden war, übernimmt dann den Posten des Chefanklägers.

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte bereits kurz vor der US-Wahl die Hoffnung geäußert, dass eine künftige US-Regierung unter Biden die Sanktionen bald zurücknehmen werde. Panorama-Recherchen hatten allerdings gezeigt, dass sich auch Joe Biden schon 1998 gegen das Gericht ausgesprochen hatte. Damals beschlossen 123 Staaten mit dem "Römischen Statut" die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofs. Biden befürchtete damals, der Strafgerichtshof könne US-Streitkräfte im Ausland verfolgen. Auch in seiner Zeit als US-Vizepräsident (2009 bis 2017) unterwarfen sich die USA nicht der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs. In den USA ist sogar ein Gesetz in Kraft, wonach vom Strafgerichtshof verurteilte US-Bürger zur Not militärisch aus Den Haag befreit werden könnten.

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