NSA-Untersuchungsausschuss: Geplänkel statt Aufklärung
Der 1. Oktober ist ein sonniger Tag in Berlin, und der Sitzungssaal des NSA-Untersuchungsausschusses bietet einen tollen Panorama-Blick auf die Spree. Auf der Tagesordnung steht die Befassung mit der Hauptstelle für Befragungswesen, eine BND-Tarneinrichtung, in der Asylbewerber ausgefragt wurden. Panorama hatte die Hauptstelle im Projekt "Geheimer Krieg" enttarnt, sie wurde kurz darauf geschlossen.
Die Ausschussmitglieder, die Mitarbeiter und die Juristen der Regierung nehmen Platz. Die erste Zeugin des Tages betritt den Saal. Frau K. war bis zum letzten Jahr Leiterin der Hauptstelle für Befragungswesen. Sie wirkt, als wäre sie lieber woanders. Scheu schaut sie im Raum umher. Die Sitzung beginnt.
Von Aussagebereitschaft keine Spur
Doch die Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Schuld daran: Rechtsanwalt Johannes Eisenberg, juristischer Beistand des BND. Er unterbricht mehrfach die Ausschuss-Sitzung und geht die Abgeordneten lautstark an. "Das ist nicht der Untersuchungsgegenstand", und: das "ist nicht der Untersuchungszeitraum". Die BND-Zeugin von der Hauptstelle für Befragungswesen, Frau K., kann in dieser Sitzung zu den dort durchgeführten Befragungen keine Auskunft geben. Es ist einer dieser Tage, die im Ausschuss den Eindruck hinterlassen, dass es mit dem Aussagewillen der Schlapphüte nicht weit her ist. Auf kritische Nachfragen von Ausschussmitgliedern antwortet sie gebetsmühlenartig: "Ist mir nicht erinnerlich". Flankiert von Eisenbergs Zwischenrufen, welche den Fluss der Anhörung immer wieder unterbrechen.
Schwelender Konflikt
Dieser schwelende Konflikt zwischen dem BND und dem Ausschuss ist nun vor einer Woche eskaliert. Rechtsanwalt Eisenberg hat zwei Schreiben verfasst, in denen er schwere Vorwürfe gegen den Ausschuss erhebt. Darin behauptet er, seine Mandanten würden mit Aussagen konfrontiert, die sie nie gemacht hätten. Die Abgeordneten stellten Fragen, die nicht vom Untersuchungsauftrag gedeckt seien. Auch würden die Aussagen der BND-Zeugen als sinnentleert verhöhnt. Vor allen Dingen fordert Eisenberg ein deutlich umfassenderes Rederecht für ihn, den rechtlichen Beistand. Mit seinen Schreiben versucht der Anwalt nun offenbar, seine Vorgehensweise zu legitimieren und seinen Spielraum zu vergrößern. Man kann den Eindruck gewinnen, dass Eisenberg die offene Auseinandersetzung mit den Ausschussmitgliedern sucht, um von seinen BND-Zeugen abzulenken. Schließlich arbeitet der BND gern im Verborgenen.
Wegen Zwischenrufen ermahnt
Der Ausschussvorsitzende Sensburg entgegnete diesem Schreiben am 27. Oktober mit einer knappen Antwort: "Wegen Ihrer zahlreichen Zwischenrufe fühlen Sie sich zu Unrecht zur Ordnung gerufen. Seien Sie daran erinnert, dass dem rechtlichen Beistand eines Zeugen selbst kein Rede- oder Antragsrecht zusteht. Schon gar nicht ist es dem rechtlichen Beistand gestattet, ohne Worterteilung Zwischenrufe zu tätigen oder sonst das Wort zu ergreifen. Es ist aber geübte Praxis - auch in diesem Untersuchungsausschuss, auf ausdrückliche Bitte der Zeugin oder des Zeugen dem rechtlichen Beistand das Wort zu erteilen."
Dann dreht Sensburg den Spieß um und erinnert den BND an das Untersuchungsausschussgesetz. Nämlich, dass sich Zeugen strafbar machen, wenn sie falsch oder nicht vollständig aussagten.
Ungewohnte Schützenhilfe bekam Sensburg übrigens von der Bundestagsabgeordneten Martina Renner: "Als Obfrau der Linksfraktion im NSA-Untersuchungsausschuss unterstütze ich ausdrücklich, dass der Ausschussvorsitzende Prof. Sensburg die Vorwürfe des BND-Zeugenbeistandes zügig zurückgewiesen hat."