Manning-Protokolle: Verräter oder Idealist?
Der momentan in einem US-Militärgefängnis einsitzende Bradley Manning soll den größten Verrat der modernen Geschichte begangen haben. Fast alle großen Enthüllungen von Wikileaks sollen auf den ehemaligen US-Soldaten zurückgehen, der hunderttausende von Dokumenten zum Irak- und Afghanistankrieg, Depeschen aus den US-Botschaften und Videos aus Kampfeinsätzen herausgeschmuggelt haben soll.
Besonders aufsehenerregend war das Video aus einem US-Militärhubschrauber, das die Erschießung von Zivilisten und Journalisten zeigte – Panorama berichtete darüber.
Komplette Chats veröffentlicht
Aufgeflogen war Manning durch interne Internet-Chats mit Adrian Lamo, einem entfernten Bekannten, der ihn dann offenbar ans FBI verpetzte. Die Chats sind für die US-Militärjustiz bislang der einzige Beleg, dass Manning hinter den Wikileaks-Veröffentlichungen stecken könnte. Die Protokolle dieser Chats waren bisher nur in Auszügen bekannt, nun sind sie komplett veröffentlicht worden.
Daraus ergibt sich das Bild eines an der Kriegswirklichkeit im Irak verzweifelten Idealisten. Manning: "Ich war an etwas beteiligt, das ich komplett ablehnte. Ich war hilflos. (…) Was mich am meisten aufbrachte: ich sah 15 Häftlinge, die von der irakischen Polizei abgeführt wurden . Ich sollte überprüfen, wie gefährlich sie waren. Es stellte sich heraus, dass sie nur eine differenzierte Kritik des Premierministers Maliki veröffentlicht hatten."
Manning grenzt sich etwa bezüglich der Botschaftsdepeschen eindeutig von Spionage ab: "Ich hätte das an Russland oder China verkaufen können und Kohle gemacht. (…) Aber es sind öffentliche Daten. Sie gehören der Öffentlichkeit!"
Pikant auch: Lamo sicherte ihm Vertraulichkeit zu: als "Journalist" - und auch in seiner Funktion als "Pfarrer". "Du kannst wählen, wie Deine Äußerungen behandelt werden: als Beichte oder als Interview, das nie veröffentlicht wird." Dann meldete Lamo alles offenbar direkt ans FBI.