Leiharbeit: Rückforderungen in Milliardenhöhe möglich
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt hat seine Begründung zu einem Urteil aus dem Dezember vorgelegt. Leiharbeiter und Sozialversicherungsträger können demnach Milliardenbeträge zurückfordern. Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) war vom Gericht bereits im Dezember als nicht tariffähig (Az: 1 ABR 19/10) eingestuft worde. Die Entscheidung könnte milliardenschwere Folgen für zehntausende Arbeitnehmer, für Unternehmen sowie für die Sozialversicherungen haben.
Weniger Lohn, weniger Urlaub, weniger Kündigungsschutz
Panorama hatte bereits mehrfach über die Dumpinglöhne in den Tarifverträgen der so genannten Christlichen Gewerkschaften berichtet. Nach dem Gesetz sollen Leiharbeiter den gleichen Lohn bekommen wie reguläre Angestellte, aber die Zeitarbeitsfirmen nutzen bislang eine gesetzliche Hintertür, um niedrigere Löhne durchzusetzen: die Tarifverträge mit der CGZP. Der CGZP wird vorgeworfen, einseitig Interessen von Arbeitgebern zu vertreten. Ihre Tarifverträge ermöglichen häufig Dumping-Löhne, kürzere Kündigungsfristen, weniger Urlaub und geringe Feiertagszuschläge.
Für die Arbeitgeber kann es teuer werden
Die CGZP deckt nach eigenen Angaben mit ihren Tarifverträgen etwa die Hälfte aller Leiharbeitsverhältnisse in Deutschland ab. Kritiker bezweifeln aber, dass die Hälfte aller Leiharbeiter bei der CGZP und ihren Mitgliedsgewerkschaften organisiert sind. Die Christlichen Gewerkschaften machen keine Angaben über die Zahl ihr Mitglieder. Da das BAG nun die Frage der Tariffähigkeit der CGZP verneint hat, wie schon die Instanzen zuvor, kann es für die Arbeitgeber teuer werden.
Auf geschätzt 1600 Unternehmer, die unter dem Tarifdach der CGZP Leiharbeitnehmer beschäftigt haben, kommen nun Nachforderungen in Milliardenhöhe zu. Die Sozialversicherungen können Beiträge für vier Jahre nachfordern. Schätzungen gehen von 500 bis 600 Millionen Euro pro Jahr aus. Auch Leiharbeitnehmer können rückwirkend auf gleiche Bezahlung pochen. Ein solcher Anspruch kann nur durch Verfall- oder Verjährungsfristen im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden.
Auch Arbeitgeberverbände betroffen
Die CGZP sei "keine tariffähige Spitzenorganisation", wie das BAG nun ausführte. Die christlichen Gewerkschaften hätten keine Spitzenorganisation gründen dürfen, die sich ausschließlich um Leiharbeit kümmert. Umgekehrt vertrete die CGZP auch Bereiche der Leiharbeit, die durch die Mitgliedsgewerkschaften nicht abgedeckt seien, und in den Satzungen der Mitgliedsgewerkschaften komme die Leiharbeit nicht einmal vor. Mit seiner Grundsatzentscheidung betrat das BAG nach eigenen Angaben absolutes Neuland. Die darin festgelegten Grundsätze gelten auch für Spitzenverbände der Arbeitgeberseite.