Kehrtwende bei Verkehrsminister Scheuer - Toll Collect wird nicht privatisiert
Noch im August hatte Andreas Scheuer einen Panorama-Reporter angeraunzt: "Sagen Sie mal, wo leben Sie denn?” Der Reporter hatte gefragt, ob es nicht sinnvoller sei, dass der Staat das Mautsystem Toll Collect selbst betreiben sollte, statt mit der Privatwirtschaft zu kooperieren. Scheuer lehnt das ab: "Es würden sich viele auf der Welt die Finger abschlecken, wenn sie so ein Top-Mautsystem haben würden." Ende der Diskussion.
Toll Collect bleibt staatlich
Jetzt eine überraschende Entscheidung: Das früher privat betriebene LKW-Maut-System Toll Collect wird nicht erneut privatisiert, sondern bleibt dauerhaft in staatlichem Besitz und Betrieb. Der Staat wird die Maut für Lastwagen auf Autobahnen künftig also selbst eintreiben. "Der Betrieb des Mautsystems durch den Bund ist wirtschaftlicher als die Vergabe an einen privaten Betreiber", begründete Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Entscheidung. Bisher hatte Scheuer öffentlich eine Partnerschaft mit der Privatwirtschaft immer verteidigt. Die Privaten könnten das System effizienter und wirtschaftlicher betreiben, hieß es.
Bund spart 357 Millionen Euro
Dabei kam es in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zu vielen Skandalen. Jahrelang war der Mautbetreiber Toll Collect in privater Hand als Gemeinschaftsunternehmen von Daimler, Telekom und dem französischen Autobahnbetreiber Cofiroute. Panorama, Zeit Online und Die Zeit hatten etwa berichtet, wie die privaten Betreiber versuchten, systematisch zu viel abzurechnen und den Staat um Einnahmen zu bringen. Ein ehemaliger Mitarbeiter hat den Skandal öffentlich gemacht.
Jetzt hat eine neue Wirtschaftlichkeitsüberprüfung im Bundesverkehrsministerium ergeben, dass es vorteilhafter für den Steuerzahler ist, wenn der Staat die Maut selbst eintreibt. "Wir haben festgestellt, dass der Betrieb beim Bund ganz gut aufgehoben ist", stellt Scheuer fest. 357 Millionen werde der Bund dadurch sparen, rechnen die Wirtschaftsprüfer.