Höcke und der kalkulierte Eklat
Das hat ja großartig funktioniert. Der Fraktionsvorsitzende der AfD in Thüringen, Björn Höcke, hat gestern in Dresden eine Rede gehalten. Und er hat mal wieder ganz bewusst - schließlich war er ja offensichtlich nicht betrunken - Grenzen überschritten. Grenzen, die das dunkelste Kapitel der deutschen Vergangenheit, den Holocaust angehen.
Konkret: die Erinnerungskultur und das Mahnmal in Berlin: "Wir Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Die "dämliche Bewältigungspolitik" lähme die Gesellschaft. Höckes Äußerung dagegen lähmte niemanden, sondern bewirkte das Gegenteil: aufgeregte reflexartige Empörung - in den Medien und in der Politik. "Null Einfluss für das Neonazi Pack", sagte zum Beispiel der stellvertretende SPD Vorsitzende Ralf Stegner.
Provokation als gezieltes Politikinstrument
Die Strategie der AfD ist mal wieder perfekt aufgegangen. Schließlich setzen ihre Politiker ganz bewusst auf solche Eklats. Ob "Schießbefehl an der deutschen Grenze", "Keinen Boateng als Nachbarn" oder jetzt das "Denkmal der Schande" - die den Schlagzeilen folgende gefühlte Stigmatisierung nutzt der AfD bei den Wählern. Die Provokation als gezieltes Politikinstrument findet sich so auch in einem Strategiepapier zur Bundestagswahl, dass der Vorstand im Dezember beschlossen hat. Dort ist von "sorgfältig geplanten Provokationen" die Rede, mit denen man die anderen Parteien zu nervösen und unfairen Reaktionen verleiten wolle.
In die Falle getappt
Die Reaktionen, die es heute gegeben hat, waren zwar nicht unfair - aber eben unüberlegt. Man könnte auch sagen: Die Medien und die Politik sind der AfD mal wieder in die Falle gegangen und haben die Geschichte erst richtig groß gemacht. Und zum Ende der gelungenen AfD-Dramaturgie gehört es auch, dass sich ein Teil der Parteispitze kritisch äußert und der Brandstifter alles nicht so gemeint haben will: Björn Höcke teilt heute mit, er sei erstaunt über die Berichterstattung und spricht von einer "bösartig und bewusst verleumdenden Interpretation." Die bösen Medien waren es eben wieder. AfD-Freunde werden ihm das sogar noch glauben.