Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
haben Sie vielen Dank für die vielen Anmerkungen, Zuschriften und Posts zu unserer Fracking-Berichterstattung. Wegen der Vielzahl der Zuschriften können wir nicht auf alle einzeln antworten. Da sich aber die Kernargumente wiederholen, möchten wir hier auf die wichtigsten eingehen.
Ein wiederholt geäußerter Kritikpunkt war, dass wir auf die Vorteile des Frackings zu wenig eingegangen sind: größere Unabhängigkeit von Putins Gas und Förderung der Energiewende (Gas ist die optimale Brückentechnologie, solange etwa Wind- oder Solarstrom nicht gespeichert werden können). Diesen Punkt haben wir deshalb verkürzt, um möglichst viel Zeit für eine wissenschaftliche und fundierte Bewertung der tatsächlichen Risiken von Fracking zu haben.
Diese Bewertung wollen wir hier nicht wiederholen - wir möchten Sie auf unsere Stellungnahmen und Interviews bzw. weiterführende Materialien auf unserer Homepage verweisen. Bei der Reaktion darauf fällt das Maulwurfhügel-Prinzip auf: Kaum ist ein Kritikpunkt widerlegt, taucht ein neuer, meist noch abstruserer auf.
So kann Fracking nach Ansicht einer Bürgerinitiative (www.gegen-gasbohren.de) zur Erhöhung der Krimininalitätsrate bzw. zu sexueller Gewalt führen. Damit nicht genug. Im Weiteren schreibt uns der "1. Vorsitzende“: "Die ständige Lichtbelastung aus der Beleuchtung während der Nacht ist mit nachteiligen Gesundheitseffekten verbunden, einschließlich Brustkrebs."
Auf einen weiteren ähnlich abstrusen Kritikpunkt möchten wir hier ebenso eingehen. Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) veröffentlichte einen Kommentar zu unserer Berichterstattung und unterstellte uns Pro-Fracking-Propaganda (www.gegen-gasbohren.de). Dem möchten wir deutlich entgegentreten: Niemand bestreitet, dass Fracking auch Risiken birgt – etwa das im Beitrag dargestellte Problem des Lagerstättenwassers -, und niemand bestreitet, dass es zu Problemen und Kontaminationen gekommen ist - und kommen kann.
Die Frage ist einfach, ob die Risiken beim Fracking signifikant höher sind als bei anderen Arten der Förderung fossiler Energien. Und in dieser Frage gibt es einen breiten wissenschaftlichen Konsens, dass dies nicht so ist. Nicht mehr und nicht weniger haben wir berichtet. Das mag zwar einigen Bürgerinitiativen nicht gefallen, daraus aber gleich eine wie auch immer geartete Propaganda bzw. Verschwörung abzuleiten, spricht Bände.
Der BBU schreibt, dass zu "einer lebendigen Demokratie kontroverse Ansichten" gehören. Um nur wenige Absätze später zu betonen, dass Panorama sein bisheriges Vorgehen überdenken solle, denn eine "Rückkehr zu einem seriösen Journalismus“ sei jederzeit möglich.
Dazu ist anzumerken, dass wir dieses Verständnis von Journalismus nicht teilen, denn danach findet seriöser Journalismus offenbar nur dann statt, wenn er bereits fest definierte Urteile kritiklos nachbetet.
Der BBU mag zwar zu der Erkenntnis kommen, Fracking für unbeherrschbar zu halten. Diese Position ist jedem unbenommen, nur sollte man vielleicht im Sinne einer kontroversen und lebendigen Debatte anmerken, dass diese Position von der herrschenden Meinung der Wissenschaft sowie von vielen relevanten Gutachten nicht gedeckt ist. Zur Kritik des Umweltbundesamtes lesen Sie bitte unsere separate Stellungnahme.
In der Hoffnung auf eine offene und sachliche Debatte,
Ihre PANORAMA-Redaktion
Fracking ist für viele Menschen ein angstbesetzter Begriff. Panorama hat Experten gebeten, zu den wichtigsten Fragen Stellung zu nehmen und daraus einen Faktencheck zum Thema Fracking erstellt.
Fracking wird in Deutschland schon seit den 1960er-Jahren praktiziert. Bisher wurde allerdings immer in tiefen Sandsteinschichten gefrackt. In diesem relativ undurchlässigen Sandstein ist das Gas nur wenig mobil und wird durch das gezielte Aufbrechen einzelner Bereiche mobilisiert. Das Fracking im Sandstein soll auch nach den Eckpunkten der Bundesregierung unter Verschärfung der Regularien möglich sein. Die eigentliche Debatte geht aber über das Schiefergas-Fracking. Das Schiefergas hat in den USA seit Mitte der 2000er-Jahre einen "Goldrausch" ausgelöst.
In Deutschland gibt es bislang nur wenige Testbohrungen. Förderbares Schiefergas findet sich nach Auskunft der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dieses Schiefergestein liegt im Regelfall in Tiefen von 1.500 bis 3.000 Meter. Auch wenn die Verfahren sich unterscheiden, geht es im Kern nun darum, ob auch in höheren Gesteinsschichten gefrackt werden soll?
Das Trinkwasser gewinnen wir in Deutschland im Regelfall aus Tiefen von bis zu 300 Meter. Darum plädieren viele Geologen und Hydrogelogen dafür, dass ausreichend Abstand zwischen einem Frack und dem Trinkwasserreservoirs gelassen wird. Etwa 1.000 Meter halten die meisten Wissenschaftler für ausreichend. Der Grund: Der bislang längste Frack, der jemals erzeugt wurde, war ungefähr 270 Meter lang. "Da war allerdings die doppelte Hiroshima-Bombe gezündet worden", so der Leiter der Studie für des Umweltbundesamt, Uwe Dannwolf. Außerdem sollen die Regionen, in denen gefrackt wird, vorher auf geologische Besonderheiten untersucht werden.
Erdbebenrisiken gibt es bei jedem Eingriff in den Untergrund - beim Kohlebergbau, beim Öl und auch bei der Erdgasförderung. Ein Großteil der vom Menschen erzeugten Erdbeben in Deutschland rührt vom Bergbau her - zu diesem Schluss kommen auch die Seismologen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Die konventionelle Erdgasförderung führt ebenfalls in Norddeutschland zu Erdbeben. Beim Fracking sehen die Experten allerdings geringere Erdbebenrisiken.
Dem Sandstein wird Gas und Lagerstättenwasser entzogen, es bilden sich kleine Hohlräume, was eine Druckveränderung im Gestein zu Folge hat. Das kann in bestimmten geologischen Formationen unter bestimmten Umständen zu kleinen Erdbeben führen. Im Schiefergestein ist der Austrag von Gas und Wasser dagegen wesentlich geringer, sodass auch die Druckunterschiede geringer sind. Weniger erforscht sind die Erdbebenrisiken und die Grundwassergefährdung durch Verpressung des Lagerstättenwassers. Auch deswegen fordern viele Wissenschaftler besonders in diesem Bereich weitere Forschung. Es gelte durch wissenschaftliche Erprobungen neue Methoden zur sicheren Verpressung und zur Behandlung des Lagerstättenwassers und der Fracking-Flüssigkeitzu zu entwickeln, zum Beispiel sei auch eine Wiederaufbereitung denkbar.
Methan kommt in vielen Gegenden der Welt ganz natürlich im Trinkwasser vor - auch in durchaus hohen Konzentrationen. In Deutschland sind zum Beispiel im Münsterland hohe Methankonzentrationen gemessen worden. Tatsächlich ist es in den USA auch zu Verunreinigungen des Trinkwassers gekommen. In Deutschland ist es durch das Fracking dagegen bislang nicht zu Methan-Verunreinigungen gekommen. Diskutiert wird zurzeit über eine Studie der Duke Universität. Prof. Jackson hat dort Verunreinigungen festgestellt. Er bringt die Verunreinigungen mit Methan vor allem mit Leckagen in der Zementierung des Bohrlochs in Verbindung.
Prof. Emmermann, der für die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften gerade an einer Studie zum Thema arbeitet, sieht in der unsachgemäßen Handhabung am Bohrloch das größte Risiko. Aus diesem Grund fordern die Wissenschaftler, dass hier neue Technologien geprüft werden sollen, die die Risiken beim Bohren so gut wie möglich verringern.
Die Entsorgung des Lagerstättenwassers kann ein Problem bei fast jeder Form der Erdgas- und insbesondere Erdölförderung sein. Zurzeit verpressen die Firmen diese Flüssigkeit wieder. Meist sammeln sie dafür das Lagerstättenwasser zentral. Bei dieser "Sammlung" wurden ungeeignete Rohre eingesetzt. Das mit Schwermetallen belastete Lagerstättenwasser sickerte in den Boden. Exxon musste den Boden reinigen und die Rohre austauschen. Dazu überprüfen die Behörden zurzeit Fälle von erhöhten Quecksilber-Werten an einigen Bohrplätzen.
Jede Form der konventionellen und unkonventionellen Erdgasgewinnung bringt Risiken mit sich. Dies gilt generell auch für die Energiegewinnung aus regenerativen und fossilen Energiequellen. Der Leiter der Studie des Umweltbundesamtes plädiert deshalb dafür, alle Formen der Energiegewinnung nach einheitlichen Maßstäben zu bewerten. Ein Null-Risiko gibt es seiner Aufassung nach bei keiner Technologie.
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Das Erste |
Panorama |
25.09.2014 | 21:45 Uhr