Stellungnahme der Panorama Redaktion zu einer Meldung des Umweltbundesamtes mit dem Titel „Hat Panorama Recht?“
UBA-Präsidentin Maria Krautzberger sprach bei der Vorstellung der Studie von einer "Risikotechnologie".
Das Umweltbundesamt (UBA) schreibt, dass sich seine Präsidentin, Maria Krautzberger, bei der Feststellung, dass Fracking eine "Risikotechnologie" sei, auf eine "wissenschaftlich fundierte Risiko-Ableitung" aus einem UBA Gutachten ("UBA-Gutachten I", aus 2012) beziehe. Das UBA-Gutachten II aus dem Juli 2014 habe demnach eine geringere Rolle für ihre Risiko-Ableitung gespielt.
Diese Argumentation verwundert uns: In der Pressemitteilung vom 30.07.2014 zur Vorstellung des UBA-Gutachten II finden wir den Hinweis nicht, dass die "Risiko-Ableitung" zu einem großen Teil auf einem Gutachten aus dem Jahr 2012 beruht. Vielmehr wird in dem Text noch nicht einmal auf die alte Studie verwiesen. In dieser Pressemitteilung, die sich inhaltlich nur auf das neue UBA-Gutachten II bezieht, wird Frau Krautzberger mit den Worten "Fracking ist und bleibt eine Risikotechnologie" zitiert.
Die Argumentation, dass bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung einer neuen Studie diese Studie bei der Risikoeinschätzung keine Rolle gespielt haben soll, können wir nicht nachvollziehen. Die Berichterstattung über die Pressekonferenz in Zeitungen, Fernsehen und Radio war in dieser Frage ebenfalls eindeutig.
Auch aus dem älteren UBA-I-Gutachten lässt sich im Übrigen aus unserer Sicht keine Verbotsforderung aufgrund einer unbeherrschbaren Risikotechnologie ableiten. Zu diesem Schluss kommt ebenso die entsprechende Stellungnahme aller staatlichen geologischen Dienste der Bundesländer sowie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe aus dem März 2013 (für den Bund/Länder-Ausschuss Bodenforschung), die sich mit dem UBA-I-Gutachten fachlich auseinander gesetzt hat. Der Auffassung, dass es sich um eine unbeherrschbare Risikotechnologie handele, waren auch diese Fachbehörden nicht.
Weiterhin führt das UBA an, dass beim so genannten Schiefergas-Fracking schützende Barriereschichten aus Zechsteinsalz fehlen. Diese Aussage erscheint fachlich nicht nachvollziehbar, denn laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften wird das Trinkwasser ausreichend durch die vorhandenen Tonsteinschichten geschützt. Zechsteinsalz ist keine zwingende Voraussetzung hierfür. Der Einschätzung, dass 1000 Meter Abstand zwischen dem Trinkwasser und der gashaltigen Schicht ausreichen, schließt sich auch die UBA II Studie ausdrücklich an.
Sollte sich der Studienleiter der neuesten Studie aus Ihrem Haus in dieser Frage irren, warum hat das UBA dann in seiner Pressekonferenz nicht auf diese sehr wichtige Differenz aufmerksam gemacht? Schließlich geht es doch um unser Trinkwasser?
Das UBA hat Recht, wenn es feststellt, dass im Schiefergas in Deutschland erst dreimal zu Testzwecken gefrackt wurde. Panorama hat auch nichts anderes behauptet, sondern wir haben uns bei unserer Berichterstattung hier das Gutachten des UBA gehalten. Der Leiter des UBA-II-Gutachtens Dannwolf kommt zu dem Fazit, dass die Technologie auch im Schiefergas beherrschbar sei.
Wir stehen deshalb weiter uneingeschränkt zu unserer Berichterstattung.
Fracking ist für viele Menschen ein angstbesetzter Begriff. Panorama hat Experten gebeten, zu den wichtigsten Fragen Stellung zu nehmen und daraus einen Faktencheck zum Thema Fracking erstellt.
Fracking wird in Deutschland schon seit den 1960er-Jahren praktiziert. Bisher wurde allerdings immer in tiefen Sandsteinschichten gefrackt. In diesem relativ undurchlässigen Sandstein ist das Gas nur wenig mobil und wird durch das gezielte Aufbrechen einzelner Bereiche mobilisiert. Das Fracking im Sandstein soll auch nach den Eckpunkten der Bundesregierung unter Verschärfung der Regularien möglich sein. Die eigentliche Debatte geht aber über das Schiefergas-Fracking. Das Schiefergas hat in den USA seit Mitte der 2000er-Jahre einen "Goldrausch" ausgelöst.
In Deutschland gibt es bislang nur wenige Testbohrungen. Förderbares Schiefergas findet sich nach Auskunft der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Dieses Schiefergestein liegt im Regelfall in Tiefen von 1.500 bis 3.000 Meter. Auch wenn die Verfahren sich unterscheiden, geht es im Kern nun darum, ob auch in höheren Gesteinsschichten gefrackt werden soll?
Das Trinkwasser gewinnen wir in Deutschland im Regelfall aus Tiefen von bis zu 300 Meter. Darum plädieren viele Geologen und Hydrogelogen dafür, dass ausreichend Abstand zwischen einem Frack und dem Trinkwasserreservoirs gelassen wird. Etwa 1.000 Meter halten die meisten Wissenschaftler für ausreichend. Der Grund: Der bislang längste Frack, der jemals erzeugt wurde, war ungefähr 270 Meter lang. "Da war allerdings die doppelte Hiroshima-Bombe gezündet worden", so der Leiter der Studie für des Umweltbundesamt, Uwe Dannwolf. Außerdem sollen die Regionen, in denen gefrackt wird, vorher auf geologische Besonderheiten untersucht werden.
Erdbebenrisiken gibt es bei jedem Eingriff in den Untergrund - beim Kohlebergbau, beim Öl und auch bei der Erdgasförderung. Ein Großteil der vom Menschen erzeugten Erdbeben in Deutschland rührt vom Bergbau her - zu diesem Schluss kommen auch die Seismologen von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe. Die konventionelle Erdgasförderung führt ebenfalls in Norddeutschland zu Erdbeben. Beim Fracking sehen die Experten allerdings geringere Erdbebenrisiken.
Dem Sandstein wird Gas und Lagerstättenwasser entzogen, es bilden sich kleine Hohlräume, was eine Druckveränderung im Gestein zu Folge hat. Das kann in bestimmten geologischen Formationen unter bestimmten Umständen zu kleinen Erdbeben führen. Im Schiefergestein ist der Austrag von Gas und Wasser dagegen wesentlich geringer, sodass auch die Druckunterschiede geringer sind. Weniger erforscht sind die Erdbebenrisiken und die Grundwassergefährdung durch Verpressung des Lagerstättenwassers. Auch deswegen fordern viele Wissenschaftler besonders in diesem Bereich weitere Forschung. Es gelte durch wissenschaftliche Erprobungen neue Methoden zur sicheren Verpressung und zur Behandlung des Lagerstättenwassers und der Fracking-Flüssigkeitzu zu entwickeln, zum Beispiel sei auch eine Wiederaufbereitung denkbar.
Methan kommt in vielen Gegenden der Welt ganz natürlich im Trinkwasser vor - auch in durchaus hohen Konzentrationen. In Deutschland sind zum Beispiel im Münsterland hohe Methankonzentrationen gemessen worden. Tatsächlich ist es in den USA auch zu Verunreinigungen des Trinkwassers gekommen. In Deutschland ist es durch das Fracking dagegen bislang nicht zu Methan-Verunreinigungen gekommen. Diskutiert wird zurzeit über eine Studie der Duke Universität. Prof. Jackson hat dort Verunreinigungen festgestellt. Er bringt die Verunreinigungen mit Methan vor allem mit Leckagen in der Zementierung des Bohrlochs in Verbindung.
Prof. Emmermann, der für die Deutsche Akademie für Technikwissenschaften gerade an einer Studie zum Thema arbeitet, sieht in der unsachgemäßen Handhabung am Bohrloch das größte Risiko. Aus diesem Grund fordern die Wissenschaftler, dass hier neue Technologien geprüft werden sollen, die die Risiken beim Bohren so gut wie möglich verringern.
Die Entsorgung des Lagerstättenwassers kann ein Problem bei fast jeder Form der Erdgas- und insbesondere Erdölförderung sein. Zurzeit verpressen die Firmen diese Flüssigkeit wieder. Meist sammeln sie dafür das Lagerstättenwasser zentral. Bei dieser "Sammlung" wurden ungeeignete Rohre eingesetzt. Das mit Schwermetallen belastete Lagerstättenwasser sickerte in den Boden. Exxon musste den Boden reinigen und die Rohre austauschen. Dazu überprüfen die Behörden zurzeit Fälle von erhöhten Quecksilber-Werten an einigen Bohrplätzen.
Jede Form der konventionellen und unkonventionellen Erdgasgewinnung bringt Risiken mit sich. Dies gilt generell auch für die Energiegewinnung aus regenerativen und fossilen Energiequellen. Der Leiter der Studie des Umweltbundesamtes plädiert deshalb dafür, alle Formen der Energiegewinnung nach einheitlichen Maßstäben zu bewerten. Ein Null-Risiko gibt es seiner Aufassung nach bei keiner Technologie.
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Fracking wird oft mit Horrorbildern von brennenden Wasserhähnen und verseuchtem Trinkwasser verknüpft. Doch Experten sind sich einig: Das Risiko werde maßlos übertrieben.
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Das Erste |
Panorama |
25.09.2014 | 21:45 Uhr