Stand: 13.01.2014 08:30 Uhr

Deutscher Konvertit stirbt bei US-Drohnenangriff

von Von Marie Delhaes, John Goetz und Stefan Buchen
Kampfdrohne
Die Bundesregierung betrachtet die Tötung von Deutschen, die sich in der pakistanischen Provinz Waziristan gewaltbereiten Gruppen anschließen, als legitim.

Das Ereignis liegt fast zwei Jahre zurück. Genaueres wird erst jetzt bekannt. Erstmals scheint ein deutscher Islamkonvertit bei einem US-amerikanischen Drohnenangriff ums Leben gekommen zu sein. Ein Propagandavideo in deutscher Sprache stellt "unseren Bruder Patrick K. aus Offenbach" vor, der am 16. Februar 2012 in der pakistanischen Provinz Waziristan in einer gewaltigen Explosion gestorben sei. Offenbar war der Mann in einem Fahrzeug unterwegs. Ein unbemanntes Flugzeug habe eine Rakete abgeschossen. Außer dem 27-jährigen Patrick K. seien bei dem Angriff 16 weitere Personen gestorben. Dass der Drohnenangriff tatsächlich stattfand, ist unzweifelhaft.

Das Video stammt aus der Propagandaschmiede der beiden Brüder Mounir und Yassin Chouka, die vor sechs Jahren von Bonn ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet aufgebrochen sind. In Dutzenden Botschaften haben sie seitdem Kampf und Sterben von Djihadaktivisten besungen und Muslime aus Deutschland ermuntert, sich dem “Krieg gegen die Ungläubigen” anzuschließen.

Auf dem Weg ins Trainingslager

Patrick K. taucht in einem kurzen Abschnitt der aktuellen Videobotschaft auf. Er trägt einen Bart und ein landesübliches Gewand. Die Szene zeigt ihn, wie er ein Bündel packt und kundtut, dass er sich auf den Weg in ein "Trainingslager" machen wolle. An der Wand im Hintergrund ist eine detaillierte Landkarte von Pakistan zu sehen.  Ob es die richtige Entscheidung gewesen sei, hierher zu kommen, will einer der Chouka-Brüder von dem deutschen Konvertiten wissen. "Es gibt nichts Besseres", antwortet Patrick K. mit breitem Lächeln. An seine Glaubensbrüder in Deutschland richtet er den Appell "folgt mir".

Patrick K. aus Offenbach auf einem Bild in einem Video. © Screenshot
Patrick K. aus Offenbach auf einem Bild in einem Video.

In ihrer Botschaft schildern die Chouka-Brüder den Werdegang des getöteten Konvertiten. Drei Monate nach dem 11. September 2001 sei Patrick K. als Jugendlicher zum Islam konvertiert. Die Propagandisten entwerfen das Bild einer schwierigen Kindheit in Hessen. Er sei bei den Großeltern aufgewachsen und nach deren Tod als Waise in einem Heim gelandet. In der Gemeinschaft des Islam habe er Geborgenheit gefunden. Er habe eine junge Frau, offenbar pakistanischer Herkunft, geheiratet, die sich in der Öffentlichkeit "verschleiert" habe.

Waren BKA und Verfassungsschutz informiert?

Das Video erweckt den Eindruck, dass BKA und Verfassungsschutz über Patrick K.´s Reisepläne informiert gewesen seien. Die Behörden hätten ihn 2011 bewusst ausreisen lassen, um ihn als Informanten in Pakistan zu führen, der diskret über die Aktivitäten der Djihadisten nach Deutschland berichten soll. Dieser Plan der Sicherheitsbehörden sei aber nicht aufgegangen. Patrick K. habe sich dem Djihad anschließen wollen. Als er im Februar 2012 getötet wurde, sei er jedoch erst seit kurzem in Waziristan gewesen und habe noch nicht an Kampfhandlungen teilgenommen.

In diesem Fall stellt sich, ähnlich wie bei früheren tödlichen Drohnenangriffen auf extremistische Muslime aus Deutschland, die Frage, inwiefern deutsche Behörden Informationen über den Verdächtigen an die USA übermittelt haben. Manche Daten, wie zum Beispiel die Mobilfunknummer, können bei der Lokalisierung von Verdächtigen helfen. Das Bundesinnenministerium wollte sich am Sonntag trotz Nachfrage nicht zu der Sache äußern.

Die Bundesregierung betrachtet die Tötung von Deutschen, die sich in der pakistanischen Provinz Waziristan gewaltbereiten Gruppen anschließen, als legitim. Dies gelte auch dann, wenn sie nicht unmittelbar an Kampfhandlungen beteiligt seien. "Wer nach Waziristan geht und dort umkommt, ist selbst schuld", formulierte ein hoher Beamter des Bundesinnenministeriums im vergangenen Dezember. Laut Bundesregierung gehört auch die pakistanische Grenzregion zum "Kriegsgebiet Afghanistan".

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