Afghanistan: Blindgänger sollen doch geräumt werden
Nach Berichterstattung von Panorama hat die Bundesregierung entschieden, ein früheres Bundeswehr-Trainingsgelände in Afghanistan von Blindgängern räumen zu lassen.
Im September hatte Panorama berichtet, dass Gutachter im Auftrag des US-Militärs auf dem früheren Bundeswehr-Traininsgelände "Wadi" rund 100 Blindgänger an der Erdoberfläche gefunden hatten. Außerdem hatten sie dringend eine Räumung der Schießbahn im Untergrund empfohlen.
Tiefenräumung für "Wadi" in Auftrag gegeben
Die Bundeswehr hatte sich dazu auf Nachfragen von Panorama nicht geäußert und erklärt, das Gutachten müsse zunächst geprüft werden. Noch letzten Donnerstag hatte die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Heike Hänsel (Die Linke) geantwortet, sie sehe sich nicht in der Verantwortung, das Traininsgelände "Wadi" räumen zu lassen. Zwar hat die Bundesrepublik ein UN-Waffenübereinkommen (Convention on Certain Conventional Weapons, CCW) unterschrieben, das die verbindliche Beseitigung explosiver Kampfmittelrückstände vorsieht. Dies sei in diesem Fall aber "nicht einschlägig", so die Bundesregierung, da Afghanistan wiederum nicht unterschrieben habe.
Nun gab Maria Böhmer, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, während einer Fragestunde im Bundestag bekannt, "unabhängig von der Frage der rechtlichen Verpflichtung" habe die Bundesregierung entschieden, "nun für "Wadi" auch eine Tiefenberäumung in Auftrag zu geben."
Gefahr durch Bundeswehr-Blindgänger
Experten hatten gegenüber Panorama die Sorge geäußert, dass auf der ehemaligen Schießbahn "Wadi" für die Zivilbevölkerung eine Gefahr durch Bundeswehr-Blindgänger besteht. Vor allem durch solche, die sich beim Training der Soldaten in den Untergrund gebohrt haben.
Diese Gefahr besteht nun seitdem die Bundeswehr im Oktober 2013 aus Kundus abgezogen ist. Damals hatten Soldaten das Trainingsgelände "Wadi" an der Erdoberfläche von Blindgängern geräumt. Im Untergrund wurde nicht geräumt. 13 Monate nach dem Abzug soll das nun nachgeholt werden.
Mindestens 36 Tote bei Unfällen mit NATO-Blindgängern
Erst wenn eine Schießbahn vollständig geräumt ist, kann sie von der afghanischen Bevölkerung gefahrlos genutzt werden, für Hausbau oder Landwirtschaft. Insgesamt starben in Afghanistan nach UN-Angaben bisher mindestens 36 Menschen bei Unfällen mit NATO-Blindgängern; mehr als 86 wurden verletzt. Drei von vier Opfern sind Kinder. Sie treiben das Vieh ihrer Familien zum Weiden auf die früheren Schießbahnen, sammeln Feuerholz oder suchen Altmetall.
Ein Bundeswehrsprecher sagte auf Nachfrage von Panorama, "Wadi" sei eine Einzelfallentscheidung. Es sei nicht geplant, die anderen 12 ehemaligen Schießbahnen der Bundeswehr in Afghanistan ebenfalls nachträglich von Blindgängern räumen zu lassen. Sie würden zudem weiter von der Afghanischen Armee genutzt.
Die Bundeswehr hat nach eigenen Angaben auf keiner dieser Schießbahnen mehr getan als in "Wadi", nämlich ein oberflächliches Absuchen nach Blindgängern - so wie in diesem Werbevideo über das Trainingsgelände „Westplatte“ bei Kundus