NDR Story
Montag, 28. Oktober 2024, 22:10 bis
22:55 Uhr
Noch nie wurde in Deutschland so viel vererbt wie in jüngster Zeit. Und auch in den kommenden Jahren wird es um große Summen gehen: Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) werden jährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererbt oder verschenkt. Die Nachkriegsgeneration hat ein riesiges Vermögen aufgebaut. Doch mehr als die Hälfte der Deutschen setzt sich nicht mit dem Thema Testament auseinander. Warum ist das so? Was sind die Folgen? Und wie ginge es besser?
Testament erfordert Auseinandersetzung mit dem Tod
"Ein Testament aufzusetzen ist nicht ganz einfach, es ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod", sagt der Hamburger Psychologe Enno Heyken. In seine Praxis kommen zerstrittene Erben, als Mediator versucht er zu vermitteln. Ohne Testament greift nämlich am Ende die gesetzliche Erbfolge. Und die ist oft ungerecht, besonders bei unverheirateten Paaren und Patchworkfamilien, erzählt er.
Doch auch in Familien, die ein Testament haben, kommt es zu Konflikten. Laut einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD Allensbach) endet fast jeder fünfte Erbschaftsfall in Deutschland im Streit.
Erbe: Streit darüber kann Familien zerstören
Der Vater von Rüdiger Günther ist vor Jahren verstorben, nach dem Tod der Mutter taucht ein Testament auf, in dem die Tochter als Alleinerbin eingesetzt wird. Rüdiger Günther soll nur seinen Pflichtanteil bekommen. Mehr als zwei Jahre kämpfen die Geschwister um Elternhaus und Geld, um den gesamten Nachlass. Der Streit zerstört die Familie, bis heute ist der Mann darüber verbittert.
Wie sieht ein gutes Testament aus?
Genau so etwas will Rechtsanwalt und Notar Christian Rieckenberg verhindern, er hält Seminare zum Thema Streit in der Erbengemeinschaft und gibt Tipps, wie man ihn vermeiden kann. Auch Rüdiger Günther und seine Frau kommen in Rieckenbergs Kanzlei. Sie wollen es besser machen, ihre Kinder sollen sich nach dem Tod der Eltern nicht zerstreiten. Sie setzen ein Berliner Testament auf, das dürfen Ehepartner nur gemeinsam wieder ändern.
Katja Habermann, Fachanwältin für Erbrecht aus Hamburg, rät allen Mandant*innen ein "Sterben auf Probe". Sie sollen im Geiste durchspielen, was nach ihrem Tod passieren würde und was passieren sollte.
Einer ihrer Mandanten korrigiert daraufhin sein Testament gemeinsam mit der Anwältin, seine Lebensumstände haben sich geändert. Er schreibt seinen "Letzten Willen" handschriftlich und überreicht das Dokument dem Nachlassgericht zur Verwahrung. Dort wird es sicher verwahrt, kann nicht verloren gehen.
Immer häufiger muss Katja Habermann im Auftrag des Nachlassgerichts auch in Wohnräumen von Verstorbenen nach einem Testament oder Hinweisen auf mögliche Erben suchen. Das liege daran, dass viele Familien in der ganzen Welt verstreut leben, sich dadurch voneinander entfernt hätten, sagt sie. Ohne ein Testament kann es Jahre dauern, bis Habermann mögliche Erben ermittelt hat.
Der Schlüsseldienst rückt an, öffnet die Haustür eines Einfamilienhauses. Ein alter Mann ist im Krankenhaus verstorben, nahe Angehörige scheint es nicht zu geben. Das Schloss gibt nach, die Eingangstür springt auf, Katja Habermann sucht das gesamte Haus ab. Auf dem Schreibtisch des Verstorbenen liegt eine Informationsbroschüre "Wie vererbe ich richtig". Doch ein Testament findet die Anwältin nicht. Wie so oft.
- Autor/in
- Dörte Petsch
- Regie
- Dörte Petsch
- Produktionsleiter/in
- Anja Reingold
- Redaktion
- Gabriele Bauer
- Redaktionsleiter/in
- Kathrin Becker
- Redaktion
- Gabi Bauer