Analytisch und kritisch: Der "Medienreport"
Vor besondere Herausforderungen wurde die Redaktion bei Ereignissen gestellt, die auch den NDR selbst als Rundfunkanstalt betrafen. Dies zeigte sich gleich in den ersten Jahren bei den Problemen um die Intendantenwahlen, dann aber insbesondere bei der NDR-Staatsvertragskrise 1979/80.
In eigener Sache
In mehreren Sendungen berichtete der "Medienreport" über die politischen Entscheidungen, die das eigene Haus betrafen. Wie konnte es in solch einer Situation gelingen, eine neutrale und sachliche Position einzunehmen? Der "Medienreport" verfolgte auch hier eine strikt fachliche Linie. Streitfragen wurden – ganz im Sinne des Sendungskonzepts - zunächst auf ihre Informationsaussage begrenzt dargestellt. Sodann wurden die Positionen der beteiligten Personen einander gegenübergestellt. "Die Wiedergabe von Positionen, die dem NDR unangenehm waren, war kein Problem, denn er konnte in der Sendung ja seine Position dagegen stellen", erinnert sich Michael Wolf Thomas. Die Spielregel lautete: "Neutralität in der Sache, Kommentieren dann von mir aus mit dem Holzhammer", so Thomas.
Differenzierte Meinungsbildung
Der "Medienreport" ließ in seinen Sendungen daher alle Seiten frei zu Wort kommen und wahrte auf diese Weise auch bei problematischen Sachverhalten recht erfolgreich den Anspruch einer Einladung zur differenzierten Meinungsbildung. Interne Konflikte gab es natürlich, vieles war ungewohnt, manches erschien manchen zu kritisch oder zu selbstkritisch. Aber Probleme lösten sich immer wieder auf. Thomas: "Der zuständige Hauptabteilungsleiter Christian Gneuß, Programmdirektor Jäger, der für auch mal notwendige Rückversicherungen stets ansprechbare stellvertretende Intendant Dietrich Schwarzkopf, sie ermöglichten ein offenes, liberales und freiheitliches Klima der Arbeit."
Sendung zum Nachlesen
Die zurückhaltende Sachlichkeit, mit der die "Medienreport"-Sendungen auch an so schwierige Themen wie die Vorgänge um die Kündigung des NDR-Staatsvertrags herangingen, kam allgemein gut an. So verzeichnete das Medienmagazin 1982 durchschnittlich 27.000 Hörer und erreichte damit allein in Norddeutschland ein größeres Publikum als einschlägige Fachzeitschriften bundesweit. "Der ‚Medienreport‘ hatte dann doch irgendwo ein gewisses Renommee, auch in Fachkreisen", weiß Michael Wolf Thomas. "Es wurde zunehmend auch darum gebeten, Manuskripte abdrucken zu können." Aus diesen steigenden Nachfragen entwickelte die Medienredaktion die Idee, Sendemanuskripte in einer eigenen Heftreihe zu veröffentlichen. Die in einer Auflage von 500 bis 1.000 Exemplaren gedruckten Hefte erwiesen sich als voller Erfolg und waren schon bald vergriffen.
Problem: Neue Hörgewohnheiten
Insgesamt wurde der "Medienreport" eines der einflussreichsten und auch langlebigsten Medienmagazine in der Radiogeschichte. Bis Ende der 80er-Jahre blieb die Reihe ihrem sonntäglichen Sendeplatz auf NDR 3 treu und wurde 1989 in das neu entstandene vierte Hörfunkprogramm verlegt.
Aber nicht nur die Programmstrukturen beim NDR änderten sich, auch bei den Hörgewohnheiten brach eine neue Zeit an. In die schnelllebige und auf kurze Informationsbeiträge ausgerichtete Gesellschaft der 90er-Jahre passte das halbstündige Medienmagazin mit seinen anspruchsvollen Beiträgen nicht mehr so recht. Das Jahr 1990 markierte daher den Schlusspunkt der Sendereihe, die laut der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" als "einzige kontinuierliche Medieninformationsreihe in den ARD-Hörfunkprogrammen" zum besseren Medienverständnis der NDR Hörer entscheidend beitrug.
- Teil 1: Leitmedium Fernsehen
- Teil 2: Die NDR Reihe "Von Bildschirm und Leinwand"
- Teil 3: Der Umgang mit schwierigen Themen