Analytisch und kritisch: Der "Medienreport"
Auch beim NDR wurde darüber diskutiert, wie unter den veränderten Erfordernissen Medienfragen aufgegriffen und präsentiert werden konnten. Bisher strahlte NDR 2 die "Filmtipps der Woche" aus sowie die vierzehntägliche, gemeinsam mit dem WDR im ersten Hörfunkprogramm platzierte Reihe "Filmspiegel".
Wie arbeiten Medien?
Zwar wurden in diesen Sendungen schon seit 1970 zunehmend auch der allgemeine Medienstrukturwandel und speziell das Fernsehen thematisiert, aber das reichte dem zuständigen Redakteur Michael Wolf Thomas noch nicht. Er schlug eine neue Sendung vor. Nach ausführlichen Gesprächen beauftragte ihn Wolfgang Jäger, der damalige Programmdirektor Hörfunk, mit der Produktion eines wöchentlichen Medienmagazins unter dem Titel "Von Bildschirm und Leinwand".
Es fand seinen Sendeplatz im neu eingerichteten Hörfunkprogramm NDR 3. Hier sollte dem Hörer jeden Sonntag zwischen 14.00 Uhr und 14.30 Uhr vermittelt werden, wie Medien arbeiten. Die Sendung war als ein Wegweiser gedacht, mit dem sich die Menschen im inzwischen entstandenen "Mediendschungel" zurechtfinden konnten. "Ich hatte dabei insbesondere die audiovisuellen Medien im Blick", so Michael Wolf Thomas heute. "Filmmarkt, Medienmarkt, Medienkonsum, alles dies sollte in den Fokus gerückt werden. Denn wer sich nicht um das kümmerte, was da tatsächlich passierte, konnte nicht von ‚heute’ sein."
Gefragt ist der interessierte Hörer
Im Gegensatz zu anderen Medienmagazinen, die zumeist im Fernsehprogramm liefen, setzte der NDR mit "Von Bildschirm und Leinwand" also auf den Hörfunk. Mit dem sonntäglichen Sendeplatz erreichte er allerdings ein deutlich kleineres Publikum. Dies war jedoch gewollt, denn die halbstündige Sendung bestand vor allem aus Wortbeiträgen und forderte vom Hörer eine entsprechende Konzentration auf den Inhalt. Die Sendezeit am Sonntagnachmittag war bewusst gewählt worden, um am Wochenende, zu einer Zeit außerhalb des intensiven Fernsehkonsums, an den interessierten Hörer heranzutreten.
Das Magazin unterschied sich von Reihen wie "Glashaus" vor allem dadurch, dass es mehr um die nüchterne Aufarbeitung einzelner Themen ging als um das Aufdecken von Skandalen. "Nicht Feuilleton, nicht Meinung, sondern Information, Medieninformation stand im Vordergrund", fasst der frühere Redakteur Thomas zusammen.
Informative Mischung - der "Medienreport"
Mit dem Sendebeginn der Reihe "Von Bildschirm und Leinwand" 1973 wurde die bisherige "Filmredaktion" in "Film- und Medienredaktion" bzw. in "Medienredaktion" umbenannt. 1977 erhielt die Sendereihe den Titel "Medienreport", der sich bis zu ihrem Ende 1990 zu einem Markenzeichen des NDR entwickelte. Die Namensänderungen waren programmatisch. Die Medienredaktion lieferte nicht nur eine wöchentliche Sendung, sondern wurde zu einer Fachredaktion für den ganzen NDR. Immer wieder forderten auch andere Landesrundfunkanstalten Beiträge für aktuelle Sendungen an oder übernahmen einzelne "Medienreport"-Ausgaben.
Die Frage nach den wirtschaftlichen und politischen Mechanismen
Inhaltlich ging es nicht mehr nur um audiovisuelle Medien, sondern um alle Medienbereiche, also auch Print, und die hinter ihnen stehenden politischen und wirtschaftlichen Mechanismen. Der "Medienreport" bot eine Mischung aus Interviews, Berichten, Dokumentationen, Gesprächen und Kommentaren. Einzige Regelmäßigkeit war der inhaltliche Aufbau der Sendungen: Zwei Sendungen pro Monat waren jeweils monothematisch, in den beiden anderen Sendungen ging es dann jeweils um aktuelle Medienereignisse. Auf diese Weise entwickelte sich über die Jahre eine Themenbandbreite, die von "Kommunikation und Kultur auf dem Dorf" bis zu "Medien im Ausland" reichte.
- Teil 1: Leitmedium Fernsehen
- Teil 2: Die NDR Reihe "Von Bildschirm und Leinwand"
- Teil 3: Der Umgang mit schwierigen Themen