Stand: 26.12.2012 12:00 Uhr

Schwitzen im Hochbunker: Die Anfänge des Fernsehens

In den Erinnerungen tauchen die damaligen Strapazen inzwischen lediglich als zwar bemerkenswerte Hindernisse auf, die die jungen Leute von damals jedoch voller Elan und Begeisterung für ihre neue Aufgabe meisterten. Alle widrigen Arbeitsbedingungen wurden spielerisch überwunden.

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Zu begrenzt, zu eng

Schreiben des DGB zu der Raumsituation beim NWDR. Download (81 KB)

Dreijahresplan für ein neues Studio

Insofern sind die zeitgenössischen Dokumente interessant, in denen diese Arbeitsumstände kritisch angemahnt wurden. Das Schreiben des DGB-Vorsitzenden Georg Reuter vom 22. Januar 1952 an Adolf Grimme, den Generaldirektor des NWDR, beantwortete - wie der handschriftliche Vermerk seines Referenten Friedrich Wenzlau zeigt - Dr. Franz Schmidt. Er war Erster Direktor des NWDR und Stellvertreter Grimmes. Schmidt hatte unmittelbar zuvor im Verwaltungsrat sein großangelegtes "Programm für den Aufbau und die Durchführung des öffentlichen Fernsehens beim NWDR" erfolgreich vorgestellt, den entscheidenden Dreijahresplan, der als sogenannter Schmidt-Plan unter anderem den Weg für den Bau des Lokstedter Studiogeländes freimachte.

Am 29. Januar 1952 antwortete Schmidt dem DGB-Vorsitzenden: "Die von Ihnen im obigen Schreiben angeschnittene Frage der Arbeitsbedingungen beim Fernsehfunk hat auch uns im besonderen Maße beschäftigt ... Ein wesentlicher Bestandteil des Dreijahresplans ist die Errichtung eines Studios für das Fernsehen in Hamburg-Lokstedt. Mit dem Bau dieses Studios, das auch die erforderlichen Büro- und Nebenräume enthält, ist bereits begonnen. Es soll im Sommer 1953 in Betrieb genommen werden. Bis dahin werden wir uns bedauerlicherweise noch mit den Räumlichkeiten in den beiden Bunkern auf dem Heiligengeistfeld begnügen müssen ... Ich persönlich teile vollständig Ihre Meinung, dass wir so schnell wie möglich zu einer anderen Lösung kommen müssen".

Verbesserung in kleinen Schritten

Für die damals etwa 100 Mitarbeiter des Fernsehfunks zeichnete sich bereits ab, dass auch durch die neu zu schaffende Raumsituation in Lokstedt alles "noch ziemlich beschränkt" sein wird. "Das große Studio im Hochhaus 1 mit Nebenräumen muss weiter genutzt werden, bis die Erweiterungsbauten in Lokstedt durchgeführt sind", heißt es in einem Bericht über den Stand des Fernsehens im November 1951. Eine grundlegende Änderung der Arbeitsbedingungen ließ also auf sich warten.

Eine an sich so nicht zu akzeptierende Situation, monierte der Betriebsrat am 18. Oktober 1952: "Die Raumschwierigkeiten beim Fernsehen sind außerordentlich und verlangen bis zur Fertigstellung des Studios in Lokstedt im Interesse des Betriebes und auch der Mitarbeiter eine Verbesserung, die wenigstens Mindestansprüche deckt. Es ist unerträglich, dass für die Mitarbeiter keine ausreichenden Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um wenigstens die Garderobe abzulegen und Pausen in relativer Ruhe zu verbringen. Der Betriebsrat glaubt, dass hier Mittel und Wege gefunden werden müssen, die fraglos eine Förderung der betrieblichen Zusammenarbeit bringen und eine unnötige Abnutzung vermeiden können. Der Betriebsrat weiß, dass eine vollkommene Lösung des Raumproblems unter den derzeitigen Umständen unmöglich ist, glaubt aber, dass es Möglichkeiten gibt, Besserung zu schaffen."

Ein halber Liter Ausgleichsmilch

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Ein halber Liter Ausgleichsmilch

Die freiwilige soziale Leistung: Ein halber Liter Milch für die im Bunker beschäftigten Mitarbeiter. Download (66 KB)

Aber selbst zwei Jahre später, im Herbst 1954, hatte sich an den Arbeitsbedingungen offensichtlich wenig geändert. Zumindest in einem Punkt konnte sich der Betriebsarzt jedoch erfolgreich durchsetzen: In dem von den Fernsehmachern beschriebenen "Saunabetrieb" gab es von nun an "Ausgleichsmilch". An den halben Liter Milch pro Tag erinnerte sich Carsten Diercks noch recht gut. Das wiedergefundene Dokument dazu, ein Rundschreiben an die Zentraltechnik, hält die damals getroffene Entscheidung fest, eine "freiwillige soziale Leistung" des Arbeitgebers.

NDR Reporter Hermann Rockmann, © NDR
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