Erinnerungen an die Anfänge
Rundfunk nach Machtfragen organisieren
Dr. Klaus Gollert, FPD-Politiker, damals Minister für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung sowie stellvertretender Ministerpräsident des Landes Mecklenburg-Vorpommern, hat für den NDR sogar fast einen Koalitionsbruch riskiert. Denn für Gollert war der Norden Deutschlands, die Nähe zu Hamburg und Schleswig Holstein, eine natürliche Verbindung und die Grundlage für einen gemeinsamen Sender. Heute ärgert er sich, dass ein ehemaliger CDU-Minister auf NDR Jubiläumsveranstaltungen verkündet: "Wie toll das ist, dass der NDR ins Land gekommen ist!" Dabei habe die FDP den NDR ins Land geholt. "Bloß - das geht leider immer wieder unter", so Gollert.
Das Gespräch mit Klaus Gollert macht uns klar, wie wichtig die historische Aufarbeitung ist. Denn nicht nur die Zeitzeugen werden älter. Zur Erfolgsgeschichte des NDR in Mecklenburg-Vorpommern gehört unbedingt der schwierige Anfang, ebenso wie die heftigen Debatten und die Versuche der großen Politik, Rundfunk nach Machtfragen zu organisieren und den Wunsch der Menschen außer Acht zu lassen.
Gollert berichtet von Anrufen aus dem Bundeskanzleramt, mit denen man ihn bei diversen politischen Entscheidungen beeinflussen wollte. So meldete sich der damalige Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes, Friedrich Bohl, im Auftrag von Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl und sagte: "Herr Gollert, wir müssen das morgen so und so machen." Aber die FDP in Mecklenburg-Vorpommern hatte ihre eigenen Vorstellungen. Gomolka erinnert sich, dass Kohl die Organisationsfrage des Rundfunks in den neuen Ländern eigentlich egal war. Den Kanzler der Einheit interessierten lediglich Personalfragen. Die seien entscheidend.
- Teil 1: Ein Drehbericht zu fünf Zeitzeugen-Gesprächen
- Teil 2: Nordostdeutscher oder Norddeutscher Rundfunk?
- Teil 3: Rundfunk nach Machtfragen organisieren
- Teil 4: Unmittelbar nach dem Mauerfall
- Teil 5: Der Alltag beginnt