Mehr als 16.000 Menschen demonstrieren gegen Weidels Hamburg-Auftritt
AfD-Chefin Alice Weidel hat am Donnerstagabend bei einer Veranstaltung ihrer Partei im Hamburger Rathaus eine Rede gehalten. Gegen den Auftritt Weidels gingen zuvor deutlich mehr Menschen als erwartet in der Innenstadt auf die Straße.
Am Hauptbahnhof versammelten sich am späten Nachmittag mehrere Tausend Teilnehmende zu der Hauptdemonstration, die vom Hamburger Bündnis gegen Rechts angemeldet wurde. Die Polizei war im Vorfeld von 2.000 Demonstrierenden ausgegangen, am Abend sprach ein Polizist vor Ort von 17.500 Teilnehmenden. Später nannte die Polizeipressestelle als offizielle Zahl mehr als 16.000 Menschen. Von der Kirchenallee zogen sie über die Mönckebergstraße bis zum Rand des Bannkreises am Rathaus. Mit dabei waren mehrere linke Gruppen, Vereine, Gewerkschaften und Parteien. Teilnehmende skandierten unter anderem "Ganz Hamburg hasst die AfD".
Transparente an Hamburger Theatern
Einige trugen selbst gemalte Schilder mit Aufschriften wie "Demokratie schützen!" und "Radical Love Now!". Daneben waren Transparente zu sehen, auf denen "Revolution" oder "Kapitalismus abschaffen" gefordert wurde. An der Fassade des Deutschen Schauspielhauses hing eine große Aufschrift "Kein Platz für Nazis", am benachbarten Ohnsorg-Theater war die Botschaft auf Plattdeutsch zu lesen: "Keen Platz för Nazis!"
Rund 1.000 Gäste bei Weidels Rede
Weidel sprach am Abend auf einer Veranstaltung der AfD-Bürgerschaftsfraktion vor rund 1.000 Gästen im Großen Festsaal des Rathauses. Da der Platz nicht ausreichte, wurden einige Besucherinnen und Besucher auf die anderen Säle verteilt und die Reden aus dem Festsaal dort auf großen Bildschirmen übertragen.
Obwohl die Proteste vor dem Rathaus weitgehend friedlich verliefen, sprach die AfD-Chefin von "Schlägerbanden", die vom Hamburger Bürgermeister "protegiert" würden. Auch die jüngsten, teils gewaltsamen Proteste gegen den AfD-Bundesparteitag im sächsischen Riesa erinnerten sie an dunkelste NS-Zeiten und an die "SA, die auch auf Andersdenkende eingeschlagen hat", sagte sie. In ihrer Rede im Rathaus sagte sie, dass die AfD dafür sorgen werde, "dass Deutschland wieder großartig wird - reich und sicher".
Großaufgebot der Polizei
Die Polizei riegelte den Rathausmarkt mit sogenannten Hamburger Gittern ab. Viele Demonstrierende stauten sich im Bereich Bergstraße und Mönckebergstraße. Auch Wasserwerfer standen bereit. Bis auf einige Versuche, die Absperrungen zum Rathaus zu durchbrechen, sei die Veranstaltung aber friedlich geblieben, sagte ein Polizeisprecher. In der Bergstraße gingen Beamte mit Pfefferspray gegen Aktivisten vor, die offenbar versucht hatten, eine Polizeikette zu durchbrechen.
Insgesamt waren rund 1.500 Polizisten und Polizistinnen im Einsatz, fast 600 davon kamen aus Berlin, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und von der Bundespolizei.
Straßensperrungen in der Hamburger Innenstadt
In der Innenstadt gab es wegen der Demonstrationen und des Polizei-Großeinsatzes Straßensperrungen und längere Staus. Besonders betroffen waren die Stadtteile St. Georg, Altstadt und Neustadt. Auch einige Buslinien wurden umgeleitet.
Tschentscher spricht von ungebetenen Gästen
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erinnerte vor dem Besuch Weidels an die in der Verfassung der Hansestadt festgeschriebene Vielfalt und Weltoffenheit. "Denn manchmal hat man auch im Rathaus ungebetene Gäste", schrieb er auf der Plattform X. "Aber unsere Demokratie ist stark und wehrhaft." Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) repostete Tschentschers Mitteilung mit den Worten "Hamburg ist sich einig!".
Thering: "Weidel ist in Hamburg nicht willkommen"
Auch CDU-Landes- und Fraktionschef Dennis Thering äußerte sich kritisch zum Besuch Weidels im Rathaus. "Es ist traurig, dass in unserer schönen Freien und Hansestadt Hamburg heute eine Anhängerin Russlands auftritt und ihren Hass verbreitet", schrieb er bei X. Wer Hass und Hetze säe, brauche sich über Protest nicht zu wundern. "Ich schließe mich an, Alice Weidel ist in Hamburg nicht willkommen!"
Nockemann über Reaktionen empört
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann zeigte sich von der Reaktion Tschentschers empört. "Während friedfertige Bürger unserer Veranstaltung beiwohnen möchten, planen Linke gewaltsame Blockaden", sagte er. "Anstatt diese Gewaltandrohungen konsequent zu verurteilen, fällt dem Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher nichts weiter sein, als von 'ungebetenen Gästen' im Rathaus zu fabulieren und die Stimmung weiter anzuheizen."