Podcast "Feel Hamburg" mit Polizeipräsident a.D. Ralf Martin Meyer
Stand: 01.11.2023 05:00 Uhr
Verhaftung von Zuhältern, Geiselnahme, G-20 Gipfel, Bombenanschlag - Ralf Martin Meyer blickt mit Moderator Daniel Kaiser zurück auf sein aufregendes Berufsleben.
Bei der Polizei bewarb er sich eigentlich nur, weil er nicht zur Bundeswehr wollte. Dann war er aber doch sehr schnell davon überzeugt, genau die richtige Wahl getroffen zu haben. "Viel Abwechslung, Teamarbeit, man weiß nie, was kommt. Es ist wirklich ein spannender Beruf", begründet Meyer seine Wahl und erklärt, dass es bei der Polizei 70 verschiedene Teil-Berufe gibt. "Ob ich auf dem Pferd sitze, ob ich Hundeführer bin, Zivilfahnder oder bei der Wasserschutzpolizei oder Streifenbeamter. Da bietet der Beruf jede Menge Möglichkeiten."
Ex-Polizeipräsident Ralf Meyer über Geiselnahmen, Zuhälter und den G20-Gipfel
Sendung: "Feel Hamburg" | 01.11.2023 | 20:00 Uhr | von Kaiser, Daniel
38 Min
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Verfügbar bis 31.10.2025
Hier geht es zur Podcastempfehlung von Daniel Kaiser: https://www.ardaudiothek.de/episode/dark-matters-geheimnisse-der-geheimdienste/die-terror-planer-und-der-albtraum-von-paris/swr3/12846223/ Daniel Kaiser spricht mit dem langjährigen Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer über sein Leben als Polizist. Vor 44 Jahren hat er bei der Hamburger Polizei seine Ausbildung gemacht. Seine Motivation, zur Polizei zu gehen, war damals, dass man dann nicht zur Bundeswehr musste. Aber schon nach kurzer Zeit hat Meyer gemerkt, dass ihm die Polizeiarbeit liegt. Er führt die Abwechslung und den Teamgeist als wichtigste Kriterien für die Freude an diesem Beruf an. Tatsächlich könne man bei der Polizei in 70 verschiedenen Teil-Berufen arbeiten, ob als Hundeführer, bei der Reiterstaffel, als Kommissar oder als Streifenbeamter. Meyer erinnert sich an seine Zeit, als er bei der Kripo St. Pauli arbeitete. In den 80er Jahren sah der Stadtteil noch ganz anders aus und war laut Meyer ein einziges Bordell. Da St. Pauli ein sehr kleiner, dörflicher Stadtteil ist, kannte er sich schnell aus und konnte Kontakte ins Rotlichtmilieu knüpfen. Meyer erzählt, dass er durch diese Kontakte sogar einen Mord aufklären konnte. Er war auch einige Jahre bei der Spezialeinheit. Das sind die Polizisten, die mitten in schwierige Situationen gehen und z.B. Geiselnahmen beenden. Das war auch eine sehr aufregende Zeit für ihn gewesen. In seinem gesamten Polizeileben hat er zwar mehrfach die Waffe gezogen und gedroht, musste aber nie einen Schuss, außer zu Übungszwecken, abgeben. Meyer erzählt, dass er aber bei einem Bombenanschlag an vorderster Front dabei war, als sein Kollege den Attentäter anschießen musste, um zu verhindern, dass er die Handgranate zündete. Der Attentäter ist später seinen Verletzungen erlegen. In den letzten Jahren war sein Leben mehr von Verwaltungs- und politischer Arbeit geprägt, da er als Polizeipräsident nicht mehr an der Einsatzfront steht. Durch seine langjährige Erfahrung in unterschiedlichen Bereichen kann sich Meyer sehr gut in die Kollegen hineinversetzen. Ihm ist es wichtig, sich vor die Polizisten zu stellen und sie aus der Schusslinie der Öffentlichkeit zu nehmen. Natürlich müssen Vorkommnisse untersucht und aufgeklärt werden. Die Arbeit der Polizei beim G20-Gipfel zum Beispiel oder beim Amoklauf. Für seinen neuen Lebensabschnitt hat sich Meyer erstmal nichts vorgenommen. Es ist ihm wichtig, auch geistig aus dem Hamsterrad zu kommen und ruhiger zu werden. Den typischen Polizeiblick kann er allerdings trotzdem nicht ablegen. Gerade hat er dafür gesorgt, dass eine alte verwirrte Dame zurück in ihre Betreuungseinrichtung gebracht wurde, die dort bereits vermisst wurde. Als Polizist war ihm sofort aufgefallen, dass sie offenbar ein Problem hat. Er könnte sich auch vorstellen, ehrenamtlich an Cold Cases mitzuarbeiten. Gerade der Fall Hilal geht ihm immer noch nahe und er würde ihn sehr gerne aufklären.
"St. Pauli war in den 80ern ein Dorf"
Besonders gerne erinnert sich Ralf Martin Meyer an seine Zeit bei der Kripo St. Pauli. "Das war die Zeit, als St. Pauli quasi ein komplettes Bordell war. Es wurde gestritten, Aids war gerade aufgekommen, Kokain, der Killer Pinzner ging um." Das sei zwar eine wilde Zeit gewesen, aber da St. Pauli so ein kleiner Stadtteil war, konnte man viele Delikte relativ einfach aufklären. Man hatte ja engen Kontakt zu den Bewohnern des Viertels. "Ich habe damals einen Mord aufgeklärt, weil sich am Hans-Albers-Platz irgendwie Spuren ergaben. Wenn man da die Nase im Wind hatte, dann konnte man da auch was reißen. Und das hat mir sehr gefallen."
You Never Walk Alone
Bei seiner Verabschiedung spielte der Pianist Sebastian Knauer für den Polizeipräsidenten das Lied "You Never Walk Alone" auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin und Meyer war, wie er im Gespräch mit Daniel Kaiser gesteht, sehr emotional. Die besondere Bedeutung dieses Liedes für ihn rührt aus seiner Zeit, als er bei der Spezialeinheit war. "Das haben wir uns da ganz, ganz oft gesagt. Wir sind als Polizei eine Gefahrengemeinschaft. Und in den Spezialeinheiten geht es ja richtig in die bewaffneten Konflikte rein. "You never walk alone" - das passt dazu. Man muss sich gemeinsam stützen und helfen", sagt Meyer und schiebt nach: "Als Team kommt man voran, als Einzelner nicht."
Polizeiblick auch im Privatleben
Dass der Polizeipräsident a.D. in seinem neuen Leben als Privatier seinen geschulten Polizeiblick ablegen kann, bezweifelt er. Vor kurzem hat Meyer zum Beispiel dafür gesorgt, dass eine verwirrte Seniorin, auf die er während eines Spaziergangs aufmerksam wurde, wieder zurück in ihre Betreuungseinrichtung gebracht werden konnte. Und bei Abendspaziergängen gehört der Blick in die Vorgärten für ihn einfach dazu, denn es könnte ja sein, dass er einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt.
Bei "Feel Hamburg" sprechen Daniel Kaiser und Ralf Martin Meyer auch über die bewegendsten und gefährlichsten Momente seiner Karriere, er verrät, ob er im Dienst die Waffe ziehen und schießen musste und ob die polizeiliche Aufarbeitung des Amoklaufs inzwischen abgeschlossen ist.