Podcast "Feel Hamburg" mit Pastor und Romanautor Jonas Goebel
Auftritte auf Preacherslams, eine originelle Predigtthema-Versteigerung auf eBay und seine Romane über eine "schräge WG mit Jesus" haben ihn bekannt gemacht. Jonas Goebel beschäftigt sich intensiv mit der Digitalisierung von Gemeinden und der sogenannten "Netflixisierung" der Kirche, also der Anpassung kirchlicher Angebote an moderne digitale Konsumgewohnheiten.
Goebel setzt sich auch für eine pragmatische und moderne Sichtweise innerhalb der Kirche ein. Er wünscht sich, dass die Kirche auch auf Zahlen schaut, um die Effizienz ihrer Arbeit zu bewerten: "Ich möchte meine Arbeitszeit für die Menschen effizient einsetzen. Und wenn ich beispielsweise viel Zeit für ein digitales Format aufwende und es gucken immer weniger Leute oder hören immer weniger Leute zu, dann beende ich das Format. Dann ist aus meiner Sicht der Aufwand-Nutzen nicht mehr groß genug, genauso auch vor Ort. Da schaue ich auf die Zahlen. Wenn ich sehr viel Zeit in etwas (den Gottesdienst) investiere, aber immer weniger Leute kommen, dann entscheide ich mich auch mal dazu, das zu beenden, um Zeit für etwas Neues oder anderes zu haben.“
Der Talar ist nicht wichtig
Seine unkonventionelle Art spiegelt sich auch in seiner Haltung wider. Goebel bevorzugt es, in einem Standard-Gottesdienst nicht im traditionellen Pastorengewand zu erscheinen: "In einem normalen Gottesdienst ist es für mich nicht so richtig authentisch, im Talar zu sein. Ich möchte einfach gerne im Sommer mit Flip-Flops, kurzer Hose und T-Shirt dastehen, weil ich erzähle immer den Leuten, wir können alle zu Gott kommen, wie wir sind. Und dann komme ich mit so einem Gewand und verkleide mich. Das finde ich immer einfach ein bisschen komisch und verstehe es nicht so ganz. Die Argumente sind: Die Leute sind abgelenkt, wenn du irgendwie eine Klamotte anhast, wo man dann die ganze Zeit auf den roten Schlips guckt oder so. Und dann denke ich mir, da sind wohl meine Worte nicht gut genug. Wenn die Leute von meiner Krawatte abgelenkt sind, dann muss ich an meiner Predigt arbeiten, aber nicht deshalb den Talar anziehen."
Vom Hamburger Abendblatt zum Altar
Goebels Weg zur Pastorenlaufbahn war nicht geradlinig. Er sah sich zunächst als Journalist und bekam sogar einen Job beim Hamburger Abendblatt. Dort hatte er ein Erlebnis, dass ihn zum Nachdenken brachte: "Dann sollte ich zu Guido Westerwelle zu einer Pressekonferenz, und das war so ein bisschen… okay, da kommt so ein junger Typ, und er darf jetzt gleich alleine irgendwohin gehen. Also ich habe gemerkt, mir wird eine Aufgabe, ein bisschen Verantwortung gegeben. Aber ich sollte bis abends um 22 Uhr den Text fertig machen. Und ich hatte an dem Abend noch eine Jugendgruppe in der Gemeinde, und ich habe gemerkt, ich möchte viel lieber in die Gemeinde zu den Jugendlichen, als zu Guido Westerwelle und den Artikel schreiben." Solche Momente habe es mehrfach gegeben, wo Jonas Goebel gemerkt habe: "Okay, mein Herz hängt einfach nicht an diesem Job. Also ich mache das zwar irgendwie gern. Ich schreib gern. Ich kann mir das auch gut vorstellen, aber mein Herz schlägt für was anderes." Er hat dann tatsächlich gekündigt und sich für einen ganz anderen Weg entschieden und Theologie studiert.
Abriss des Kirchturms
Heute ist der 35-Jährige Pastor in der Ev.-Luth. Auferstehungskirchengemeinde Lohbrügge. Hier ist der geplante Abriss des Turms der Auferstehungskirche zurzeit ein großes Thema. Goebel berichtet: "Beschlossen haben wir schon vor knapp zwei Jahren, dass wir den Turm der Auferstehungskirche abreißen. Der ist aber denkmalgeschützt und die Denkmalpflege lässt sich da ein bisschen Zeit zu reagieren. Und ja, wir haben einfach nicht das Geld, um den Turm zu renovieren. Da war vor Corona die Schätzung von 1,4 Millionen, und das wird nicht weniger geworden sein." Inzwischen gehen Fachleute von Sanierungskosten in einer Höhe von rund zwei Millionen Euro aus. Das sei weit über dem, was die Gemeinde bezahlen könne und wolle. Deshalb stehe er auf dem Standpunkt: "Selbst ein Abriss ist mit 200.000 Euro viel Geld dafür, dass wir keinen Turm haben. Aber es ist wohl das geringere Übel."
Im Gespräch mit Daniel Kaiser spricht Jonas Goebel auch über seine Erfahrungen als junger Vater, der Elternzeit nimmt und er erzählt von seinem nächsten über eine Wohngemeinschaft mit Jesus. Das Buch "Jesus, der Hund muss raus" erscheint Anfang September.
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