"Vertell doch mal": Wolfgang Krischke siegt erneut
Der 35. plattdeutsche Schreibwettbewerb von NDR, Radio Bremen und dem Ohnsorg-Theater stand unter dem Motto "Tohuus". Neben dem Sieger Wolfgang Krischke aus Hamburg wurden Martha-Luise Lessing, Katrin Griebenow, Jürgen Kropp und Rainer Martens sowie beim Nachwuchs Evana Yemaneh ausgezeichnet.
Rund 1.300 Geschichten waren dieses Mal eingegangen - bei Weitem nicht nur aus dem Norden, sondern aus ganz Deutschland, den USA, Österreich, sogar aus Brasilien und Australien. Und so vielfältig wie die Wohnorte der Teilnehmenden waren auch die Deutungsmöglichkeiten des Mottos "Tohuus", also "Zuhause".
Ilka Brüggemann und Yared Dibaba zeichneten die besten Geschichten aus
Dass die Geschichten sehr facettenreich sein werden, hatte der diesjährige Wettbewerbsbotschafter Yared Dibaba schon im Januar beim Aufruf vorhergesagt: "Tohuus is ok de Nordsee, dat Watt, dat is Grönkohl, dat is Teezeremonie. Tohuus is de plattdüütsche Spraak - tohuus kann allens ween." Er moderierte die Gala am Sonntagmittag im Ohnsorg-Theater auch. Gemeinsam mit NDR-Redakteurin Ilka Brüggemann begrüßte er die fünf Preisträgerinnen und Preisträger bei den Erwachsenen auf der Bühne sowie die Gewinnerin des Ünner-18-Nachwuchspreises.
Eine Situation, die gleich zwei der Gewürdigten auch schon aus dem vergangenen Jahr kennen: Wolfgang Krischke aus Hamburg hatte schon 2022 die beste Geschichte eingereicht. Ein Erfolg, den er in diesem Jahr wiederholte. Und Martha-Luise Lessing aus Trappenkamp in Schleswig-Holstein war 2022 Vierte geworden, stand in früheren Ausgaben des Wettbewerbs aber auch schon ganz oben auf dem Treppchen.
1. Preis für Wolfgang Krischke aus Hamburg
Der Siegertext von Wolfgang Krischke mit dem Titel "De Drift" handelt von einem Soldaten, der nach einem Auslandseinsatz schwer traumatisiert wieder in der Heimat ist und doch nicht wirklich ankommen kann. Neben dem wegen seiner Doppeldeutigkeit "genial gewählten Titel" lobte die Jury auch die Sprache des Hamburgers.
"Der Autor spielt gekonnt mit Momenten von Fremdheit, Angst, Heimat und Vertrautheit. Das Leben ist ein Strom, in dem man abtreiben oder sich behaupten kann - bzw. muss", heißt es in der Begründung. Dafür erhält Wolfgang Krischke ein Preisgeld in Höhe von 1.500 Euro.
"Nachtwaak" von Martha-Luise Lessing auf Platz 2
Ein ähnlich ernstes Thema wählte Martha-Luise Lessing für ihre Geschicht "Nachtwaak". Darin begegnen sich eine syrische Krankenschwester und eine sterbende Patientin in einem Krankenhaus. Eindrucksvoll und sehr einfühlsam zeigt die Autorin, dass die beiden Frauen trotz sehr unterschiedlicher Lebensgeschichten durch ihre Kriegserlebnisse doch miteinander verbunden sind.
Der 3. Preis geht nach Köln
Die Geschichte "Een Öösterfischer" der Kölner Studentin Katrin Griebenow habe unter der Oberfläche so viel Tiefgang, dass die Jury glatt ins Philosophieren gekommen sei, heißt es in der Begründung. In der Geschichte der 24-Jährigen geht es um einen Austernfischer, der plötzlich nicht mehr auf dem Dach von Inna und Arnold brütet. Die beiden machen sich daraufhin Gedanken, unter anderem zur Heimatverbundenheit.
Jürgen Kropp aus Schleswig-Holstein auf Platz 4
Sehr ernste und nachdenkliche Geschichten auf den Plätzen 1 bis 3, dagegen sehr heitere Geschichten auf Platz 4 und 5: Ein Ehepaar streitet sich in bester Loriot-Manier in Jürgen Kropps Geschichte "Hannes sien Sofa". Sie hat neue Sessel gekauft, er will lieber sein Sofa behalten. Eine simple Ausgangssituation, die der Autor aus Schleswig-Holstein in eine urkomische Groteske verwandelt hat.
5. Preis für Szenen eines Spieleabends
Rainer Martens aus Garding in Schleswig-Holstein hat mit "Nix för schwache Nerven" seine erste plattdeutsche Geschichte beim Wettbewerb eingereicht - und damit direkt den 5. Preis abgeräumt. Es geht um eine Partie Mensch-ärgere-dich-nicht und dafür habe sich der Autor "perfekt hineingedacht in eine Spielfigur, die nur ein Ziel hat: Sie will nach Hause kommen", schreibt die Jury dazu. Anspielungen auf die politische Farbenlehre hat Rainer Martens auch noch untergebracht.
Nachwuchspreis geht ebenfalls nach Hamburg
Und schließlich wurde auch in diesem Jahr wieder ein Nachwuchspreis vergeben: Der Ü18-Preis (also ünner 18) geht an Evana Yemaneh aus Hamburg. Die Elfjährige lernt noch Plattdeutsch, schreibt für ihr Leben gern Geschichten und hat sich in der Geschichte "Niege Insel, nieges Glück" mit dem Klimawandel und dessen Folgen auseinandergesetzt.
Die besten 26 Geschichten - darunter natürlich auch die prämierten - erscheinen auch dieses Mal wieder im Buch zum Wettbewerb.