Wattführer im Nationalpark Wattenmeer feiern rundes Jubiläum
Vor 25 Jahren haben die ersten zertifizierten Nationalpark-Wattführerinnen und -Wattführer ihren Dienst im Nationalpark aufgenommen. Bis dahin gab es keinen Überblick, wer an der Küste alles Wattführungen anbot und mit welcher Qualifikation.
Das Gesicht braun gebrannt und mit strahlend blauen Augen blickt Johann P. Franzen versonnen Richtung Horizont, wo das Wattenmeer vor Büsum (Kreis Dithmarschen) und der Himmel verschmelzen. "Diese Weite und Atmosphäre, einfach einzigartig!". Er kann sich auch nach rund vier Jahrzehnten als Wattführer dem Zauber des Wattenmeeres nicht entziehen: "Damals Mitte der 80er-Jahre, als ich die ersten Führungen gemacht habe, waren die ja geradezu kümmerlich im Vergleich zu heute. Wir hatten ja gar nicht das Grundwissen wie jetzt. Aber die Leute, mit denen wir ins Watt sind, waren damals schon begeistert!" Er war einer der ersten, die Touristen und auch Einheimische mit ins Watt genommen haben. Ein gemeinsames Konzept gab es damals aber noch nicht.
Anforderung: Kleine Gruppen und hohe Qualität
Erst zehn Jahre später forderte der Ökosystem-Forschungsbericht 1996, ein Konzept zu entwickeln, um Wattführerinnen und Wattführer auszubilden. Diese sollten dann Wattführungen mit hoher Qualität und in kleiner Gruppenstärke durchführen können. Bis dahin war noch nicht einmal bekannt, wer an der Küste alles Wattführungen anbot und mit welcher Qualifikation. Teilweise gingen bei einer Führung bis zu 100 Personen gleichzeitig ins Watt. Das sollte geändert werden. Von der Nationalparkverwaltung wurde bis 1998 ein entsprechendes Schulungsprogramm entwickelt. Wer es erfolgreich absolviert hatte, durfte sich "offizieller Nationalpark-Wattführer mit Zertifikat" nennen.
Ein langer Weg mit vielen Diskussionen
Bis das Konzept 1999 schließlich umgesetzt werden konnte, gab es viele Diskussionen. Vor allem die Gruppengröße stand dabei im Mittelpunkt. Die genaue Teilnehmerzahl der Gruppen sollte der Verwaltung gemeldet werden. Dadurch sollte es möglich gemacht werden, die tatsächliche Nachfrage nach den Führungen einzuschätzen. 1998 absolvierten dann die ersten den Qualifizierungskurs für Wattführerinnen und Wattführer. Und am 14. Februar 1999 wurden erstmals 26 Zertifikate verliehen. Das ist nun 25 Jahre her. Inzwischen ist die Zahl der zertifizierten Nationalpark-Wattführerinnen und -Wattführer auf etwa 50 gestiegen.
Wattführungen als Tourismus- und Bildungsangebot
Viele der ersten Wattführergeneration sind auch heute noch dabei, so wie Johann P. Franzen. In den vergangenen 25 Jahren hat sich allerdings einiges getan. "Die Führungen haben sich zu einem festen Bestandteil des touristischen Angebotes entwickelt. Menschen mit Behinderung können in Büsum mit sogenannten Wattrollstühlen mit ins Watt", berichtet Franzen voller Stolz. Auch einige Schulen aus der Region haben die Wattführungen in ihren Unterricht integriert. So wie die dritte und vierte Klasse der Grundschule Weddingstedt, die mit Wattführerin Ingrid Austen unterwegs ist. "Da ist vor allem die Motivation der Gruppe entscheidend. Wenn die da ist, ist es egal, ob ich Kinder, Jugendliche oder Erwachsene vor mir habe. Das ist dann richtig Arbeit."
Muscheln, Krebse, Seenadeln und Wattwurmhaufen
Die Schülerinnen und Schüler haben einen Bollerwagen mitgebracht - mit Forken, großen Sieben, Eimern und Schalen. Sie wollen für ihren Unterricht herausfinden, wie viel unterschiedliche Lebewesen im Schlick vor Büsum leben. Und schon bald werden Elisabeth und Marcel fündig: "Wir haben eine Muschel gefunden und einen Krebs, aber die sind schon tot gewesen. Und nun gucken wir mal, wie viele Wattwurmhaufen wir entdecken." Schließlich kommen andere Kinder mit den Sieben und kippen kleine Garnelen und Seenadeln in die weißen Plastikschalen. Immer mal wieder muss Ingrid Austen die Gruppe lautstark ermahnen, zusammenzubleiben. Wenn alles nichts hilft, nimmt sie die Trillerpfeife.
Mit leuchtenden Augen zurück zum Deich
Ingrid Austen und Johann Franzen freuen sich über die Begeisterung der Kinder, die sich schließlich am Deich den Schlick abspülen. "Das macht natürlich viel Spaß, wenn alle so neugierig und voller Tatendrang sind. Aber es ist auch anstrengend, nicht wahr Johann?" Ihr Wattführerkollege steht etwas abseits. Den Blick versonnen auf den Horizont gerichtet - dahin, wo das Wattenmeer und der Himmel miteinander verschmelzen.