Leonie Meyer: Vom Baltrumer Strand zu Olympia
Familienleben im Van, Medizinstudium und Leistungssport: Kitesurferin Leonie Meyer aus Kiel meistert alles gleichzeitig. Der Traum von Olympia begann für die Athletin auf einer Nordseeinsel.
Vor ihrem großen Traum gönnt sich Leonie Meyer noch eine letzte, kurze Auszeit mit ihrer Familie: Unter einem Sonnenschirm vor der Surfschule am Strand der ostfriesischen Insel Baltrum, schaut die Top-Athletin ihrem drei Jahre alten Sohn Levi beim Spielen im Sand zu. Hinter der Kitesurferin, die in diesen Tagen bei den Olympischen Spielen an den Start geht, liegen intensive Trainingseinheiten vor Marseille, wo die Segel-Wettbewerbe ausgetragen werden.
Kitesurfen erstmals olympisch
"Ich freue mich mega doll darauf", sagt Meyer. Als Teil des Segelprogramms ist ihre Disziplin Kitesurfen zum ersten Mal überhaupt olympisch. Nach den Trainingseinheiten am Mittelmeer bei Temperaturen weit über der 30-Grad-Marke habe sie am Ende allerdings etwas der Lagerkoller erwischt, erzählt die 31-Jährige. "Es ist super heiß da unten. Am Strand und auf dem Wasser können wir der Hitze nicht entgehen. Deswegen ist es für den Körper ziemlich anstrengend, dort zu sein." Baltrum ist für Leonie Meyer in diesen Tagen nicht nur ein kühlerer Erholungsort zum Krafttanken - auf der Insel hat auch früh ihre Reise nach Olympia begonnen.
Seit Jahren kommen Leonie Meyer, ihre drei Geschwister und ihre Eltern für Sommerurlaube auf die kleinste ostfriesische Insel. Schon ihr Vater habe dort das Segeln gelernt, erzählt sie. An der Surfschule der Insel hat Meyer mit sechs Jahren mit dem Windsurfen begonnen - und mit 16 Jahren kam schließlich das Kitesurfen dazu.
"Jede schönste Kindheitserinnerung hat irgendwie mit Baltrum zu tun." Kitesurferin Leonie Meyer
Der Traum von Olympia stamme aus Kindertagen, erzählt die gebürtige Osnabrückerin - eigentlich aber in einer anderen Disziplin. Denn Meyer kommt vom Segelsport. Ihre Eltern Sabine und Rolf Meyer waren selbst Spitzen-Segler. 2016 wechselte sie zum Kiten. Die Sportart ließ sich auch gut mit dem Stundenplan ihres Medizinstudiums in Kiel verbinden.
"Ehrgeiz und Talent", bescheinigt ihr der Baltrumer Ulfert Mammen, der Meyer seit dem Kindesalter kennt. Beides sei von Anfang an bei der jungen Sportlerin erkennbar gewesen. In seiner Baltrumer Surfschule lernte Leonie Meyer das Surfen. "Ihr musste man nicht mehr sagen, was ist Lee und Luv, das kannte sie ja vom Segeln." Ein Gefühl für das Segel und die Segelstellungen habe sie von Anfang an gehabt. Dass sie nun bei den Olympischen Spielen dabei ist, mache ihn stolz, sagt Mammen. "Wir drücken ihr alle Daumen, die wir haben."
Doch auf ihrem Weg zu Olympia musste Leonie Meyer einige Hindernisse umsegeln: Viele Trainerwechsel und Probleme mit ihrem Verband erschwerten die Vorbereitung. "Da waren schon ein paar Sachen, die wirklich nervig und super schwierig waren", erzählt sie.
Leonie Meyer: Olympia-Athletin und Mutter
2021 kam Sohn Levi zur Welt. Da er eine Fehlbildung am Unterschenkel hat, reiste Meyer mit ihm zu Behandlungen ins Ausland. Für ihren Olympia-Traum startete Meyer dennoch nur wenige Monate nach der Geburt ihr Comeback. Meyer verpasste die Kadernorm, verlor den Kaderstatus ihres Verbandes - und damit auch eine finanzielle Förderung.
Olympia-Athletin und Mutter - das beides zeitgleich geht, davon ist Leonie Meyer trotzdem überzeugt. "Es haben viele Mütter auch im deutschen Sport gezeigt, dass es möglich ist", sagt Meyer und verweist etwa auf Beach-Volleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig. "Ich will anderen Mamas auch ein Beispiel sein, dass man für seine Träume kämpfen kann und sollte", sagte Meyer in der ARD-Dokumentation "Die Wellenbrecherin".
Zwei Jahre Familienleben im Van
Nach dem Verlust der Kadernorm bekam Meyer Unterstützung von ihrem Partner, ihrer Familie und ihrem Sponsor. Der stellte ihr einen Van zur Verfügung, um von Wettkampf zu Wettkampf zu reisen - nicht ungewöhnlich im Kitesport. Am Ende lebte die kleine Familie rund zwei Jahre vor allem im Van. "Ohne meine Unterstützer und ohne meinen Verein hätte ich dies niemals stemmen können, auch finanziell nicht - gar keine Chance", sagt Meyer.
Bei Olympia will Meyer möglichst weit oben auf dem Siegertreppchen landen. Die Rennen der Damen beginnen am 4. August, am 8. August geht es um die Medaillen. "Der absolute Traum wäre natürlich, wenn ich am Ende mit Levi da zusammen auf dem Podium stehen könnte und da so eine Medaille entgegennehmen würde. Das wäre großartig!"