Olympia: Der Forderungskatalog des IOC
Die Nachricht erschütterte viele Olympiafans: Der Wunschkandidat für die Olympischen Winterspiele 2022 schmiss hin, vor wenigen Tagen zog Oslo seine Bewerbung zurück. Offiziell ging es bei der Entscheidung der norwegischen Regierung um die Kosten, aber kaum versteckt schimpften viele Parlamentarier auch über die offenbar unverschämten Forderungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
"Das IOC muss zeigen, dass es sich um das kümmert, worum es wirklich geht, nämlich dem Sport. Und nicht nur um Hätscheleien und Snobismus", ätzte zum Beispiel Trond Helleland von der Konservativen Partei.
Selbstbedienungsmentalität beim IOC
Der Grund für den Zorn der sonst eher kühlen Norweger steht in einem rund 7000 Seiten starken Forderungskatalog, der im Zusammenhang mit der Bewerbung aufgetaucht war. Darin lud sich das IOC quasi selbst zum Cocktail-Empfang mit dem König Olaf ein - auf Kosten der Gastgeber.
Das IOC diktierte dafür ein striktes Protokoll: Erst sollte der IOC-Präsident sprechen, dann der König. Außerdem verlangte das IOC, dass sein Präsident wie ein Staatsgast am Flughafen zu empfangen sei, inklusive Fahrzeugkonvoi zum Hotel. Auf den Straßen sollte es eigene Fahrspuren mit Vorfahrtschaltung an Ampeln für die Olympioniken geben. Und selbstverständlich eigene Fahrzeuge mit Fahrer für die Funktionäre.
Keine Begeisterung entfacht
Auch die Vorstellungen für Unterkunft und Verpflegung der IOC-Mitglieder sind scheinbar hoch: Speisen von hoher Qualität müssten in Hotels und im Stadion verfügbar sein - die Veranstalter hätten jederzeit für gefüllte Kühlschränke zu sorgen. Außerdem gibt es konkrete Vorgaben für Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Hotelzimmer und Tagungsräume müssten konstant auf 20 Grad temperiert - und ein medizinischer Service müsse 24 Stunden am Tag gewährleistet sein.
Das war den Norwegern dann offensichtlich zu viel, so jedenfalls der konservative Politiker Helleland: "Es ist nicht gelungen, die Leute zu begeistern, ihnen ein positives Gefühl für die Olympischen Spiele zu geben. Und natürlich waren viele dieser sehr speziellen Forderungen, die das IOC in seinem Verträgen stehen hat, schwer zu erfüllen. Das hat es für viele von uns sehr schwer gemacht."
Ist eine nachhaltige Bewerbung möglich?
Damit wird das Problem des IOC einmal mehr offenbar: Der Gigantismus der Spiele und die Arroganz des Komitees schrecken viele Bewerber ab. Für die Winterspiele 2022 hatten sich neben Oslo auch München, St. Moritz, Stockholm und Krakau beworben - und mittlerweile allesamt zurückgezogen. Übrig geblieben sind nun die Bewerbungen von Peking und Almaty (Kasachstan) - für Wintersport bislang eher unbekannte Orte, ähnlich wie es das russische Sotschi im vergangenen Winter war.
Reformen gegen Gigantismus nötig
In Hamburg, dem möglichen deutschen Kandidaten für die Olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028, setzen die Verantwortlichen auf Reformen des IOC. Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat sich nichts Geringeres vorgenommen, als zu beweisen, dass demokratische Staaten überhaupt zu einer nachhaltigen Bewerbung fähig sind. Tatsächlich hat das IOC Reformen angekündigt, um Gigantismus und Kommerz abzuwenden.
Große Hoffnung setzen dabei viele Beobachter auf den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Der hat mittlerweile auf die Absage Oslos reagiert: Es handle sich bei dem Katalog lediglich um Empfehlungen, nicht um Forderungen. Man habe Oslos Fragen gerne beantwortet und extra dafür einen Termin anberaumt, doch es sei kein offizieller Regierungsvertreter gekommen.