Reiten: Klein Flottbek startet in neue Derby-Zukunft
Es ist Tradition, Herausforderung, Kult - das Deutsche Spring- und Dressur-Derby in Hamburg-Klein Flottbek ist eins der bedeutendsten Turniere in Deutschland. Der NDR überträgt an vier Tagen live im TV und bei NDR.de.
Das Ambiente im Derby-Park ist unverändert, und wie in den Jahren zuvor haben sich zahlreiche Top-Reiter für die Traditionsveranstaltung in Hamburg angesagt. Dennoch startet der Turnierklassiker in ein neues Zeitalter: Erstmals seit 2008 gastiert die Global Champions Tour nicht mehr in der Hansestadt.
"Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind wir eine Veranstaltung, die eigenständig dasteht, ohne Serienbestandteil zu sein", sagte Turnierchef Volker Wulff. Es habe viele Zweifler gegeben, die sich gefragt hätten, wie das gehen soll. "Wir haben diesen Schritt aus bestimmten Gründen gewagt. Und ich glaube, er ist schon im ersten Jahr entsprechend belohnt worden."
Die Global Champions Tour habe aus dem Schatten des Spring-Derbys herausgewollt. "Das kann man verstehen. Wir hätten aber zu sehr die Struktur des Derbys verändern müssen", so Wulff. Zuvor hatte er auch schon die Zusammenarbeit mit der Riders Tour beendet. "Ich sehe es als Chance", betonte der Chef-Organisator. Doch es ist wohl auch ein Wagnis: Letztlich hatte die in diesem Jahr mit einem Gesamtpreisgeld von 36 Millionen Euro dotierte Tour stets internationale Spitzenreiter sowie laut Wulff ein Viertel des Derby-Etats garantiert.
Immerhin: Wulff ist es gelungen, dem Turnier seinen Status als Fünf-Sterne-Veranstaltung zu erhalten. An den Derby-Tagen von Mittwoch bis Sonntag finden zudem weltweit keine anderen Turniere auf dem Niveau statt. "Wir haben ein Starterfeld, das in den ganzen vergangenen Jahren nicht besser war. Ich glaube, dass die Dichte aus den ersten 50, 60 der Weltrangliste selten so gewesen ist", berichtete er.
Thieme peilt vierten Triumph an
Vier Reiter aus den Top Ten sind dabei. Auch Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth aus dem niedersächsischen Ganderkesee nimmt nach zwei dritten Plätzen und einem vierten Rang den nächsten Anlauf, den ganz großen Coup zu landen. Zudem haben die Olympiasieger Ben Maher (Großbritannien) und Steve Guerdat (Schweiz) sowie André Thieme gemeldet. Der Europameister aus Plau am See hat das Derby, das nun wieder noch deutlicher in den Fokus rückt, schon dreimal gewonnen. Allerdings schied der Mitfavorit am Mittwoch in der ersten Qualifikation mit Contadur aus. Ob er mit seinem Derby-Pferd am Sonntag antritt, ist fraglich.
Es siegte der Brasilianer Carlos Ribas mit Trix (0 Fehler/72,47 Sekunden) vor den Iren Denis Lynch mit Rubens (0/77,81) und Shane Breen im Sattel von Scarteen (0/78,67). Noch ging es dabei nicht über den gefürchteten Derby-Wall.
Legendärer Parcours eine besondere Herausforderung
Der Parcours ist einzigartig und seit 1920 nahezu unverändert. Erst 159 Nullrunden gelangen, im vergangenen Jahr war kein Null-Fehler-Ritt dazugekommen. Hindernisse wie Wall, Buschoxer oder Pulvermanns Grab sind legendär, und der Wegfall der Global Champions Tour sowie die Erhöhung der Ticketpreise tun der Anziehungskraft des Derbys offenbar keinen Abbruch. "Wir haben einen Vorverkauf, wie wir ihn noch nie hatten", sagte Wulff. Er hofft auf einen Rekord, der bislang bei mehr als 93.000 Besuchern an den fünf Tagen liegt.
Der Kampf um das Blaue Band des Derby-Siegers wird wieder der Höhepunkt in Klein Flottbek sein. Im vergangenen Jahr hatte Cassandra Orschel auf Dacara die seit 1975 dauernde Männer-Dominanz vor 25.000 Zuschauern durchbrochen. Die für Polen startende und in der Nähe von Rendsburg beheimatete 30-Jährige war erst die fünfte Siegerin in der nun 103-jährigen Geschichte des Springens.
Die Gesamtdotierung konnte Wulff sogar steigern. Beim Großen Preis am Sonnabend werden weiter 300.000 Euro ausgeschüttet. Das Preisgeld für das 92. Spring-Derby am Sonntag wurde von 120.000 auf 153.000 Euro angehoben. Der Etat stieg von etwa 3,7 Millionen auf etwa vier Millionen Euro. In Longines präsentierte Wulff zuletzt einen neuen Großsponsor.
Teilnehmerfeld in der Dressur schrumpft
Schwierig ist einzig die Situation in der Dressur. Das Teilnehmerfeld für das Dressur-Derby ist geschrumpft. Lediglich neun Paare haben für die 63. Auflage gemeldet. Im vergangenen Jahr waren 18 Starter dabei. Laut Wulff sind für den drastischen Rückgang strengere Zugangsregeln des internationalen Verbandes (FEI) und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) verantwortlich. "Wir müssen gucken, wie wir weitermachen", sagte er. Auf die Dressur und auf die abschließende Prüfung mit Pferdewechsel will er aber nicht verzichten.