Vechtas Johann Grünloh versucht im Spiel gegen Bayern München zu blocken. © IMAGO / Christian Becker Foto: Christian Becker

Rasta Vechtas Grünloh mischt die BBL auf

Stand: 08.12.2023 10:10 Uhr

Basketballer Johann Grünloh ist erst 18 Jahre alt und gilt als der kommende Shootingstar. Bei Bundesliga-Aufsteiger Rasta Vechta ist der 2,11 Meter große Centerspieler mittlerweile eine feste Größe. Der NDR hat mit dem Youngster gesprochen.

Johann Grünloh, in der vergangenen Saison haben Sie in der zweiten Liga Pro A ein paar Spielminuten bekommen, diese Saison laufen Sie als Starting-5-Spieler in der Bundesliga auf. Realisieren Sie das ganz cool oder gibt es Momente, in denen Sie sich denken: 'Kann mich mal bitte jemand kneifen?'

Grünloh: Die Momente gab es. Da musste ich erst einmal realisieren, was passiert ist. Das erste Mal war im ersten Pokalspiel gegen Rostock. Als ich das erste Mal in der Starting-5 stand, die ersten Punkte und Blocks gemacht habe. Da habe ich mich nach dem Spiel gefragt: 'Ist das gerade wirklich passiert oder war das ein Traum?' Dann hat man nach und nach gemerkt, das war echt. Das war riesig!

Wie erklären Sie sich diesen enormen Leistungssprung innerhalb so kurzer Zeit?

Grünloh: Der kam einfach über den Sommer. Es hat sich in der Zeit relativ viel getan in der Vorbereitung, aber auch durch den Gewinn der Bronzemedaille bei der U18-Europameisterschaft kam noch einmal ein Haufen Selbstvertrauen dazu. Der war enorm wichtig und hat einen Schub gegeben.

Welche Bedeutung hat der dritte Platz bei der U18-EM für Sie auch abseits Ihrer sportlichen Weiterentwicklung?

Grünloh: Die Medaille bedeutet mir unfassbar viel. Mit seinen Freunden, die man seit Jahren kennt, so einen Schritt gemacht und so eine wichtige Medaille gewonnen zu haben - die erste der U18 für Deutschland! Ein Stück weit Geschichte geschrieben zu haben… Ein tolles Gefühl!

Spätestens seit dem Sommer sind Sie Basketball-Deutschland ein Begriff, werden als große NBA-Hoffnung gehandelt. Ist das eher Druck oder Motivation?

Grünloh: Es ist ein bisschen etwas von beidem. Ich versuche, das nicht zu nah an mich heranzulassen, dass dadurch kein Druck entsteht. Aber klar ist es eine Motivation, wenn so von einem gesprochen wird. Dadurch gewinne ich auch Selbstvertrauen.

Sie sind mit 16 Jahren zu Hause ausgezogen und wohnen seitdem bei einer Gastfamilie in Vechta. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Grünloh: Der Grund war einfach, dass ich 45 Minuten entfernt wohne in Löningen und meine Eltern mich immer hin und her fahren mussten. Das wurde einfach zu viel - zweimal am Tag. Das hat sich nicht mehr gelohnt. Der Umzug war einfach für alle eine Erleichterung.

Ist Ihnen die Entscheidung damals schwergefallen?

Grünloh: Auf jeden Fall. Die ersten Monate waren schwer. Sich erst einmal in die neue Familie einzuleben. Von zu Hause weg zu sein mit 16, eine neue Schule, … Besonders da war es schwer, erst einmal neue Freundschaften zu knüpfen. Aber es ging.

Wie ist es für Sie in einer Gastfamilie zu leben?

Grünloh: Nach den ersten vier, fünf Monaten habe ich mich gut eingelebt, davor war es schwer. Aber das war einfach eine tolle Möglichkeit. Ich kannte hier schon alles. Alternativ wäre ich allein in eine WG gezogen - da ist eine Gastfamilie für junge Spieler schon die bessere Option. Vorteil sind auf jeden Fall Essen und Wäsche waschen. Da musste ich mich mit 16 nicht selbst drum kümmern. Regina (Gastmutter, d.Red.) ist eigentlich jeden Tag da. Auch, wenn man mal zum Training gefahren werden muss, wenn es regnet oder das Fahrrad gerade kaputt ist. Man bekommt morgens, mittags, abends etwas Warmes auf den Teller.

Wie haben Ihre Eltern auf Ihre Entscheidung reagiert?

Grünloh: Für meine Mutter war es, glaube ich, relativ schwer. Ich habe zwei ältere Brüder, die waren auch schon weg. Dann das letzte Kind auch noch zu 'verlieren', dass es auch außer Haus ist… Das ist, glaube ich, schwer sie. Für meinen Vater natürlich auch, aber der hat es ein bisschen besser verkraftet. Jetzt hat er uns nicht mehr am Hals (lacht).

Sie sind angehender Abiturient. Wie schwer lassen sich Schullalltag und Leistungssport miteinander vereinbaren?

Grünloh: Schule und Sport unter einen Hut zu bekommen, ist schwer. Natürlich kann man keinen Einser-Schnitt erwarten, wenn man Leistungssport betreibt. Mein Ziel ist einfach, so gut wie möglich durch das Abitur zu kommen. Das ist mir und meiner Familie und meinen Trainern wichtig, dass ich eine schulische Ausbildung habe, falls ich mich verletzen sollte.

Ihre Mitschüler treffen sich nach der Schule, gehen am Wochenende vielleicht feiern. Haben Sie manchmal das Gefühl, etwas durch den Basketball zu verpassen?

Grünloh: Natürlich bekommt man von seinen Freunden mit, was sie machen, oder dass sie zu einer bestimmten Party gehen. Das ist für einen selbst eher unwichtig, weil man dann ein Spiel oder auch mal zwei, drei Spiele am Wochenende hat. Da fällt das dann weg. Natürlich ist das ein bisschen schade, aber ich glaube, dass ist das Opfer, das man für sein Ziel bringen muss. Damit bin ich einverstanden. Basketball bedeutet mir eigentlich alles. Natürlich sind Familie und Freunde noch etwas wichtiger für mich, aber kurz dahinter kommt Basketball.

Was ist Ihr sportliches Ziel?

Grünloh: Es wäre auf jeden Fall ein Traum, in der NBA zu spielen. Aber ich fokussiere mich jetzt erst einmal auf die BBL, um mich da auch zu etablieren, und lasse das Thema NBA und EuroLeague bei Seite. Das kommt dann vielleicht so in drei Jahren. Das braucht seine Zeit, bis man dafür ready ist.

Dafür müssen Sie auch noch ein paar Kilo Muskelmasse zulegen. Wie unterscheidet sich die Physis in der Bundesliga im Vergleich zur ProA?

Grünloh: Zwischendurch denkst du dir schon, dass das richtige Kanten unter dem Korb sind. Natürlich gab es in der ProA auch schon ein paar richtig starke Center. Aber die BBL ist einfach noch eine andere Nummer. Ich bin viermal die Woche im Kraftraum. Das gehört einfach dazu, wenn man professionell Basketball spielen möchte, einen entsprechenden Körper und Muskeln aufzubauen.

Unter anderem, um sich mit Spielern wie Johannes Thiemann von Alba Berlin zu messen. Wie ist das, plötzlich mit einem Weltmeister unter dem Korb zu stehen?

Grünloh: Man hat schon Respekt vor den besonderen Spielern, wie er einer ist. Aber auf dem Feld ist er einfach nur ein anderer Gegenspieler. Vor dem Spiel macht man sich darüber Gedanken, wer da steht, aber auf dem Feld versucht man das auszublenden und ihn einfach nur als Gegner zu sehen. Und dann ein gutes Spiel zu machen.

Was war bisher Ihr größter sportlicher Moment?

Grünloh: Das war für mich letzte Saison, als wir in der Pro B als Underdogs unerwartet aufgestiegen sind, mit der ProA aufgestiegen und Meister geworden sind und dann in der NBBL Vize-Meister. Es war nicht nur ein Moment.

Die Erfolgsgeschichte mit Vechta soll diese Saison weitergehen. Sie haben Ihre Abifahrt schon abgesagt, weil es eine Überschneidung gibt…

Grünloh: Sauftouren finde ich nicht so gut als Leistungssportler. Und in der Zeit sind die Play-offs. Ich glaube, nach so einem Saisonstart kann man auch als Aufsteiger nach höheren Saisonzielen greifen. Die Play-offs sind das große Ziel.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 09.12.2023 | 14:00 Uhr

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