Meisterschaft futsch: Werder Bremens Kutzop verschießt Elfmeter

Stand: 10.08.2023 09:20 Uhr

Er hätte Werder Bremen zum Titel schießen können, doch Strafstoßexperte Michael Kutzop traf am 22. April 1986 nur den Pfosten. Es war in 40 Anläufen sein einziger Fehlversuch vom Punkt.

von Johannes Freytag

40 Mal trat Michael Kutzop in seiner zwölf Jahre währenden Karriere als Profi-Fußballer zu einem Elfmeter an - 39 Mal verwandelte der Verteidiger sicher. Ein einziges Mal traf Kutzop nicht, aber dieser Fehlschuss ist einer der berühmtesten der Bundesliga-Geschichte. Vermutlich könnte kaum jemand etwas mit dem Namen Kutzop anfangen, wenn es diesen vergebenen Strafstoß nicht gegeben hätte.

Fehlentscheidung von Schiedsrichter Roth

Die Konstellation an jenem 22. April 1986 im Bremer Weserstadion ist einmalig: Am 33. Spieltag - es gilt noch die Zwei-Punkte-Regelung - liegt Werder zwei Zähler vor dem FC Bayern. Ein Heimsieg gegen die Münchner wäre gleichbedeutend mit dem Titelgewinn. 88 Minuten lang passiert nicht viel, dann aber Entscheidendes: Rudi Völler, der in der Partie nach langer Verletzungspause - pikanterweise nach einem Foul des Münchners Klaus Augenthaler - sein Comeback feiert, dringt in den Strafraum vor und will nach innen flanken. Der Ball springt dem Bayern-Spieler Sören Lerby ins Gesicht.

Völler reklamiert sofort Hand - mit Erfolg: Schiedsrichter Volker Roth pfeift Elfmeter. Das Weserstadion gleicht einem Tollhaus: Die Werder-Fans jubeln, sie sind sicher: Kutzop, der in der Saison bereits sieben Elfmeter verwandelt hat, würde ihren Club jetzt zur Meisterschaft schießen.

Enttäuscht verlässt Michael Kutzop nach dem 0:0 gegen die Bayern das Spielfeld. © picture-alliance / Sven Simon Foto: SVEN SIMON
AUDIO: Als Kutzop nur den Pfosten traf (3 Min)

Kutzop muss lange warten

Doch erst einmal passiert gar nichts. Der Ball ist weg, Bayerns Co-Trainer Egon Cordes hat ihn aus Wut weggeschossen. Ein Ersatzball ist nicht da und so dauert es mehrere Minuten, ehe der Werder-Libero zum Elfmeterpunkt schreiten kann.

"Vielleicht hatte ich zu viel Zeit zum Nachdenken. Die Bayernspieler zogen die üblichen Mätzchen ab, sie sagten mir nette Sachen ins Ohr und traten mir auf die Füße, aber das gehört ja irgendwie dazu", sagt Kutzop später in einem Interview. Am Spielfeldrand bauen sich die Fotografen vor der Bremer Bank auf - Trainer Otto Rehhagel läuft aufgeregt herum und versucht, die Meute loszuwerden: "Verschwindet, sonst kriegt ihr nie wieder ein Interview."

40 Elfmeter - nur ein Fehlschuss

Unterdessen liegt der Ball endlich auf dem Elfmeterpunkt. Kutzop macht es wie immer: Er läuft langsam an, verzögert und schießt dann fast aus dem Stand. Pfaff ist verladen und unterwegs in seine rechte Torecke. Der Ball fliegt in die andere Ecke - allerdings ein Stück zu weit: "Noch heute höre ich den Ball am Pfosten", erinnert sich Kutzop später.

Die Bayernspieler feiern Pfaff und jubeln. Zu Recht, wie sich eine Woche später herausstellt: Während die Münchner ihr Heimspiel locker mit 6:0 gegen Mönchengladbach gewinnen, unterliegen die Bremer in Stuttgart 1:2 - die Bayern sind punktgleich, aber dank der um neun Treffer besseren Tordifferenz Meister.

Vorwürfe von den Mitspielern oder den Fans an Kutzop gibt es nicht. Im Gegenteil: Rehhagel baut weiter auf ihn: "Michael, Sie genießen mein volles Vertrauen. Wenn es wieder einen Elfmeter gibt, dann schießen Sie den." Kutzop tritt danach in der Bundesliga noch acht Mal zum Elfmeter an - und verwandelt alle.

Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 21.04.2013 | 22:45 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Werder Bremen

Mehr Sport-Meldungen

Emil Madsen (r.) vom THW Kiel im Duell mit Hendrik Wagner vom TBV Lemgo Lippe © IMAGO / Eibner

THW Kiel gewinnt Krimi in Lemgo - HSV-Handballer verlieren in Eisenach

Während die "Zebras" ihre dramatische Bundesliga-Partie knapp gewinnen, kassieren die Hamburger in Thüringen in allerletzter Sekunde das Gegentor zur Niederlage. mehr