Kieler Windsurferin Lina Erpenstein: Über Sylt zum WM-Titel?
Die Kielerin Lina Erpenstein führt die Weltrangliste in der Windsurf-Königsdisziplin Wave an. Mit einem guten Ergebnis beim Weltcup auf Sylt könnte die Kielerin den Grundstein für den WM-Titel legen. Dabei sah der Plan der multitalentierten Medizinstudentin eigentlich anders aus.
Erpenstein hat zwei große Ziele im Blick. Als angehende Ärztin im Praktischen Jahr hat die 27-Jährige ihr Studiumfinale in Sicht. Als Athletin führt die Kielerin die Weltrangliste in der Windsurf-Königsdisziplin Wave an. Beide Karrieren könnten noch in diesem Jahr gekrönt werden. Was ursprünglich gar nicht der Plan der multitalentierten Erpenstein war, die ab Freitag beim Windsurf World Cup Sylt startet.
"Sylt ist eine Blackbox, eine Wunderkiste, schwer planbar. Alles ist möglich. Ich will auf jeden Fall gewinnen - und dabei bei mir bleiben." Lina Erpenstein
"Ich wollte erst mein Studium zu Ende bringen und 2025 meinen großen Traum vom WM-Titel angreifen", sagt Erpenstein. Nun ist die große Chance früher da. Vor den finalen beiden Fünf-Sterne-Gipfeln der PWA-Tour führt die sprungstarke Allrounderin die Weltrangliste vor den Spanierinnen Maria Morales Navarro und Alexia Kiefer Quintana an.
Konkurrentin lobt Erpenstein: "Vielseitig und inspirierend"
Vierte ist Allzeit-Königin Sarah-Quita Offringa aus Aruba. Die 23-malige Weltmeisterin in den Disziplinen Freestyle, Slalom und Wave kennt Erpenstein gut. Die 33 Jahre alte Ausnahmesportlerin sagte: "Lina ist ein so vielseitiger und inspirierender Mensch. Wahrscheinlich ist sie eine der Personen auf der Tour, zu denen ich am meisten aufschaue."
Was Offringa an der Deutschen so beeindruckt, ist der Spagat zwischen Studium und Sport: "Ich bewundere ihre Leidenschaft und ihren Antrieb, auf dem Wasser zu sein. Und ihre Arbeitsmoral: Sie schafft es so gut, Studium und Profikarriere unter einen Hut zu bringen." Offringa glaubt, dass es "in diesem Jahr in Linas Kopf Klick gemacht hat". Sie attestiert Erpenstein Championsqualitäten: "Sie ist in der Lage, ihre beste Leistung zu zeigen, wenn es darauf ankommt."
Abitur-Note 0,9 - Studium in Kiel
Erpenstein wurde in Aschaffenburg geboren und wusste schon früh, dass sie Medizin studieren will. Aus einem Jahr Auszeit für den Aufstieg im Profisport wurden zwei, bevor sie den Studienplan umsetzte. Mit der Abitur-Note 0,9 entschied sie sich 2017 für die Universität in Kiel, weil sie "ans Meer wollte". Dort lebt Erpenstein mit ihrem Partner zusammen.
Liebe zum Meer in die Wiege gelegt
Ihre Leidenschaft für den Sport ist hausgemacht. Die surfenden Eltern verbrachten mit ihrer Tochter viel Zeit an Stränden. "Meine Liebe zum Meer und zu den Wellen ist der Ursprung von allem", sagt Erpenstein. "Mit 13 Jahren hat mich mein Vater immer mal aufs Board gestellt. Ich bin in einer unterstützenden Atmosphäre aufgewachsen", sagt sie. Heute veranstaltet Erpenstein selbst Windsurf-Camps für Frauen. Am DJ-Pult prägt sie Großveranstaltungen wie das Surf Festival mit ihren Techno-Beats.
"Mit 13 Jahren hat mich mein Vater immer mal aufs Board gestellt." Lina Erpenstein
Ihren Sport hat sie so entwickeln können, "dass er sich trägt". Große Sprünge aber sind nur auf dem Wasser drin. Im Praktischen Jahr ihrer Arztausbildung erhält sie 400 Euro monatlich. Ohne die Unterstützung der Eltern könne sie nicht studieren. Im Sportbereich erhält sie Unterstützung von einem Sponsor.
Ihr Ziel: der doppelte Vorwärtssalto
Hin und wieder ist sie auch im Freestyle, beim Wellenreiten oder Wingfoilen aktiv. Ihre Stärken als Wave-Meisterin? "Meine Konsistenz: Ich kann Welle und Springen gut. Viele können nur eins von beidem gut." Ihr bester Sprung ist der einhändige Rückwärtssalto. Ein "Riesenthema" sei der doppelte Vorwärtssalto. "Da gibt es noch keine dokumentierte Leistung, den hat noch keine Frau gelandet", sagt sie. Der Weg dahin tut weh: "Ich habe es versucht und lege mich nach eineinhalb Rotationen auf den Rücken. Das ist schon schmerzhaft."
Deutscher Doppelsieg beim 40. Windsurf World Cup Sylt?
Welche Bedingungen der Windsurf World Cup Sylt ihr, dem fünffachen Windsurf-Weltmeister Philip Köster und den anderen Westerland-Wellenstürmern servieren wird? "Sylt ist eine Blackbox, eine Wunderkiste, schwer planbar. Alles ist möglich", sagt Erpenstein. "Ich will auf jeden Fall gewinnen - und dabei bei mir bleiben."
Mit einem Top-Ergebnis beim mit Hunderttausenden Besuchern zuschauerstärksten Tour-Event kann Erpenstein vor den Aloha Classics Ende Oktober den Grundstein für ihren WM-Titel legen. Gemeinsam könnten Erpenstein und Köster beim 40. Windsurf World Cup Sylt für den historisch ersten deutschen Wave-Doppelsieg sorgen.