Der Blaue Wimpel des Deutschen Hockey Bundes für Jugend-Meisterschaften hängt an einer Hallenwand © IMAGO / Patrick Scheiber

Hallenhockey kurios - Verband vergibt Titel an beide DM-Finalisten

Stand: 26.02.2024 21:25 Uhr

Die U16-Junioren des Hamburger Vereins Harvestehuder HTC sind am Sonntag Deutscher Meister geworden. Einen Tag später ernannte der Deutsche Hockey-Bund dann aber auch die im Finale unterlegenen Zehlendorfer Wespen zum Titelträger. Es ist eine der kuriosesten Geschichten des bisherigen Sportjahrs in Deutschland.

Schluss. Aus. Und vorbei. Das denkt sich jedenfalls Maximilian Schendel in diesem Moment. Der Coach der männlichen U16 des HTHC ist am Sonntag bereits bei der Bank der Zehlendorfer Wespen, um den Berlinern zum Titelgewinn zu gratulieren. Die Partie ist zwar noch nicht beendet, doch die Hauptstädter führen mit 3:2 und haben zudem wenige Sekunden vor Ultimo noch eine Strafecke zugesprochen bekommen. Vor der Ausführung der vermeintlich letzten Aktion dieses Finals ertönt ein Pfiff, dann leuchten zwei Nullen auf der Uhr der Sporthalle der KGSE Gemeinschaftsschule in Elmshorn auf.

Die Ersatzspieler und Fans der Wespen stürmen daraufhin aufs Parkett und liegen sich jubelnd in den Armen. Dann aber bemühen die Schiedrichter erneut ihre Trillerpfeifen, stecken anschließend die Köpfe zusammen und entscheiden auf Ecke für den HTHC. Bei den Berlinern herrscht das blanke Entsetzen. Und auch die Hamburger wissen nicht so recht, wie ihnen geschieht. Sie hatten sich bereits mit der Niederlage abgefunden.

HTHC gleicht mit letzter Aktion aus

Die Aufregung auf dem Spielfeld und auf den Rängen ist groß. Die Referees müssen ihre Entscheidung mehrfach erklären. Sie haben das aufs Feld laufen der Berliner Ersatzspieler vor dem Abpfiff als Wechselfehler ausgelegt und deshalb den Hanseaten die Ecke zugesprochen. Die Zehlendorfer legen noch vor der Ausführung des Standards Einspruch und Protest bei den vor Ort befindlichen Verantwortlichen des DHB ein. Sie verweisen darauf, dass die Entscheidung der Schiedsrichter ihrer Ansicht nach "eindeutig" nicht dem Regelwerk entspricht.

Die Verbandsmitarbeiter sind anderer Meinung - und sitzen am längeren Hebel. Es gibt noch diese eine Ecke. Basta. Eine Ecke, die für die Wespen schmerzhaft wie ein Hornissenstich ist. Denn tatsächlich kassieren die Zehlendorfer nach dem ruhenden Ball noch den Ausgleich. Vincent Julius Scholz trifft zum 3:3.

Harvestehude gewinnt im Penaltyschießen

So muss nun also das Penaltyschießen über den neuen deutschen Meister entscheiden. Das Momentum liegt ganz klar bei den Hamburgern. Und sie beweisen dann auch die besseren Nerven. Der HTHC setzt sich im Shootout mit 3:1 durch und bekommt bei der Siegerehrung den großen blauen Wimpel für den neuen Meister überreicht, den die Zehlendorfer doch bereits in ihrem Besitz gewähnt hatten.

Mit dem Gefühl, um den Sieg betrogen worden zu sein, treten die Wespen die Rückreise an die Spree an. Dort angekommen, schieben sie allerdings keinen Frust, sondern genehmigen sich das eine oder andere Kaltgetränk auf ihre tollen Leistungen bei der Endrunde in Elmshorn.

DHB reagiert unbürokratisch - Jubel im "Wespennest"

Und nebenbei stellen die Schützlinge von Coach Leon Arnold auch noch unter Beweis, nicht nur auf der Platte kreative Entscheidungen treffen zu können. Sie basteln sich aus einem Blatt Papier einen eigenen blauen Wimpel und halten diesen zu später Stunde bei einem Mannschaftsfoto vor dem Clubheim stolz in die Kamera. In diesem Moment sind die Wespen noch nur die Sieger der Herzen. Am Tag darauf werden sie vom Verband tatsächlich offiziell zum Meister ernannt. Allerdings sozusagen zum "Mit-Meister". Denn auch der HTHC behält den Titel.

Der DHB habe entschieden, "dass die Entscheidung der Schiedsrichter nicht regelkonform war" und vergebe daher zwei Wimpel, teilte der Berliner Club am Montag auf seiner Website mit. "Damit ist klar, dass der Blaue Wimpel in Zukunft da hängt, wo er richtigerweise hängen muss. Im Wespennest!", hieß es weiter.

Somit hat das Final-Drama von Elmshorn für alle Beteiligten doch noch ein versöhnliches Ende gefunden. Oder besser: für fast alle Beteiligten. Denn die beiden Schiedsrichter dürften sich an diesen Sonntag in der KGSE Gemeinschaftsschule am Hainholzer Damm wohl nicht so gerne zurückerinnern.

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 Aktuell | 26.02.2024 | 21:00 Uhr

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