Velten Meyer beim Abschlag © Associated Press Foto: Asanka Brendon Ratnayake

European Open: Golfprofi Meyer will in Winsen überraschen

Stand: 01.06.2023 09:31 Uhr

Heute beginnen die European Open in Winsen an der Luhe, eines von zwei großen Profi-Golf-Turnieren der Männer in Deutschland. Als einer von drei Norddeutschen ist Velten Meyer am Start. Wir haben den 29 Jahre alten Oldenburger einen Tag vor Beginn des Turniers getroffen.

von Matthias Cammann

Meyer kommt unerkannt ins Pressezentrum. Keiner der schreibenden Kollegen nimmt Notiz von ihm. Dabei ist der 29-Jährige durchaus eine auffällige Gestalt. 1,85 m groß, blaue Augen, offenes Gesicht. Aber er ist vor Beginn der sechsten European Open auf den Green Eagle Golf Courses erst einmal nur eine Randfigur, ein Außenseiter. Einer von 19 Deutschen im 156 Spieler starken Teilnehmerfeld. Im Golf muss das aber nichts heißen. "Das Ziel ist für mich immer das gleiche wie bei jedem anderen, sonst meist kleinerem Turnier. Ich will gewinnen", sagt Meyer ganz selbstverständlich.

Winsen ein gutes Terrain für Premieren

Und gerade das Turnier in Winsen an der Luhe stand in den vergangenen Jahren immer wieder für "das erste Mal". Die Engländer Jordan Smith, Richard McEvoy und Marcus Armitage feierten hier, 40 Kilometer von der Hamburger Innenstadt entfernt, ihre ersten Siege auf der höchsten europäischen Tour überhaupt. Warum soll dem Norddeutschen das nicht auch gelingen?

Zeit in den USA enorm wichtig für Meyer

Meyer kommt aus Oldenburg, hat in einem Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit seinem Vater angefangen, Golf zu spielen. Damals war er neun Jahre alt. Schon in der Jugend war er auffällig gut, dennoch hat er später nicht sofort auf die Karte Profi-Golf gesetzt. Nach dem Abitur ging er mit 17 Jahren in die USA, machte den Bachelor in Marketing, später den Master in "International Entrepreneurship".

Das Studium war für ihn keinesfalls ein Alibi neben dem Golf. Er verzichtete sogar zwei Jahre auf Turniergolf, um sich ein zweites Standbein neben dem Profisport aufzubauen. "Nach dem Studium habe ich mit anderen ein Start-Up gegründet, bei dem wir ein Patent der NASA an den Mann gebracht haben. Es ging darum, ein Gemisch zu vertreiben, das man anstelle von Sprengstoff bei Bohrungen einsetzen kann."

Großes Glück bei einem Autounfall

Meyer setzte seinen ungewöhnlichen Weg auch danach fort. Als es Probleme mit dem Arbeitsvisum in den USA gab, versuchte er es doch mit dem Profi-Golf. Zunächst auf der chinesischen Tour. "Ich habe 2019 nur 23.000 Dollar verdient. Ohne Sponsoren hätte ich mir das alles nicht leisten können", sagt er. Um ein Haar wäre sein Weg in Shanghai ganz zu Ende gewesen: Bei einem Autounfall mit einem entgegenkommenden Fahrzeug erlitt Meyer Hirnblutungen und eine schwere Knieverletzung. Mit viel Glück ist er heute wieder zu 100 Prozent fit.

"Ich kann schwer stillsitzen." Golfprofi Velten Meyer

Das Fernweh ist durch den Schicksalsschlag nicht kleiner geworden. Nach der Genesung spielte Meyer zunächst auf der kanadischen, später auf der südamerikanischen Tour. "Ich kann schwer stillsitzen und mag es nicht, immer am gleichen Ort zu sein", erklärt der Oldenburger.

Obwohl sein erster Wohnsitz weiter in Florida ist, sucht Meyer sein Golf-Glück mittlerweile in Europa. Im vergangenen Jahr holte er den ersten Titel auf der Challenge Tour. Am Ende der Saison verpasste er die Spielberechtigung für die Erste Liga, die DP World Tour, nur hauchdünn.

Familie und Freunde unterstützen Meyer in Winsen

Dieses Jahr nun der nächste Versuch, den Durchbruch zu schaffen. Und erstmals bietet sich ihm die Chance in Winsen, auf einem der schwierigsten Plätze Europas zu spielen. Nur 135 Kilometer von zu Hause entfernt. "Meine Schwester ist schon bei der ersten Runde dabei, meine Mutter und ein paar Freunde werden auch kommen. Nur mein Vater nicht", sagt Meyer lächelnd. "Der spielt bei den niedersächsischen Meisterschaften."

Meyer muss früh auf die Runde

Velten Meyers Anhänger müssen früh aufstehen. Er spielt gleich in der ersten Spielgruppe um 7.30 Uhr mit den ebenfalls unbekannten Oscar Lengden und Sam Hutsby. Die Stars des Turniers wie Victor Perez aus Frankreich und der Däne Rasmus Höjgaard gehen dann etwas später auf die Runde - genauso wie die aussichtsreichsten Deutschen Marcel Siem, Yannik Paul und Maximilian Kieffer. Aber das ist das Los von Außenseiter Meyer - noch.

Und wenn es mit dem Durchbruch nicht klappt? Anders als viele seiner Profikollegen hat er mit einem abgeschlossenen Studium und der Berufserfahrung eindeutig einen Plan B. Und noch etwas unterscheidet den Oldenburger, die Einstellung zu seinem Job: "Der schwere Unfall hat mich gelehrt, dass es egal ist, ob ich Erster oder Letzter werde. Es ist nur Golf."

Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 01.06.2023 | 19:30 Uhr

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