Dennis Schröder gibt private Einblicke: "Danach war die Liebe da"
Vom Prinzenpark zum Star in der NBA: Eine Traumkarriere, aber auch kein leichter Weg. Basketball-Weltmeister Dennis Schröder hat Anerkennung, aber auch Anfeindungen erlebt und einen besonderen Olympia-Traum. Seiner Heimatstadt Braunschweig macht er ein Versprechen.
Nun also New York. Dennis Schröder hat in seiner elfjährigen Karriere in der besten Basketball-Liga der Welt schon einige Metropolen kennengelernt: Atlanta, Boston, Los Angeles. Seit einer Woche ist der "Big Apple" sein Zuhause, der 30-Jährige wurde zu den Brooklyn Nets transferiert. "Es ist eine große Stadt, der Verkehr wird wehtun. Ich komme aus Braunschweig mit nur 250.000 Einwohnern, einer kleinen Stadt", sagt Schröder - der Niedersachse in New York City.
"Ich werde zu 1.000 Prozent - auch wenn es auf einem Bein ist - wieder bei den Löwen Braunschweig spielen." Dennis Schröder
Seine Wurzeln hat der NBA-Star nie vergessen. Vom Basketballfeld im Prinzenpark in Braunschweig ging es in die größten Hallen der Welt. Eine Traumkarriere, aber auch kein leichter Weg. Dem NDR öffnete Schröder die Tür seiner Wohnung in Toronto, wo der Spielmacher bis zum 8. Februar noch bei den Raptors unter Vertrag stand. Er sprach über persönliche Tragödien, sein lange Zeit schlechtes Image in der deutschen Öffentlichkeit und den größten Erfolg seiner Karriere, den Weltmeistertitel 2023 mit der deutschen Nationalmannschaft.
WM-Titel sorgt für ersehnte Anerkennung
"Nach der WM hat er seinen Respekt bekommen", sagt Mutter Fatou. "Dieser Junge hat alles für Deutschland getan." Schröder, der jeden Sommer um die halbe Welt reiste, um mit der DBB-Auswahl zu spielen, erfuhr dafür jahrelang wenig Anerkennung. "Ich habe immer gesagt, wenn ich nicht eine Goldmedaille hole, wird es so bleiben", so Schröder.
Schon als Kind eckte er mit seiner selbstbewussten, rebellischen Art an. "Ab und zu durfte Dennis in mein Büro kommen und sich das Wort zum Sonntag anhören", sagt Andreas Meisner, ehemaliger Schulleiter der IGS Franzsches Feld, die Dennis besuchte. "Das Wort 'Disziplin' ist eines, das Dennis mit der Zeit gelernt hat. Ich hab' gesagt wir machen eine Flasche Sekt auf, wenn er einen Abschluss kriegt. Er hat ihn gekriegt."
"Ich hab' gesagt wir machen eine Flasche Sekt auf, wenn er einen Abschluss kriegt." Andreas Meisner, früherer Leiter von Schröders Schule
Als Schröder 16 ist, stirbt sein Vater Axel an einem Herzinfarkt. Der junge Rebell verspricht, es in die NBA zu schaffen. "Entweder hast du Mitleid mit dir selbst und machst nichts mehr, oder du lebst durch diese Person und versuchst sie stolz zu machen, weil du weißt, dass sie von da oben auf dich guckt", sagt Schröder, der mit 18 von den Atlanta Hawks in die USA geholt wird.
Schröder wird in der NBA zu einem wertvollen Rollenspieler, bleibt aber bisher ohne Titel und individuelle Auszeichnungen. In Deutschland stand er zumeist nur in den Schlagzeilen, wenn er sich einen Fehltritt geleistet hatte. Etwa, als er einen hochdotierten Vertrag mit den Los Angeles Lakers ablehnte - in den sozialen Medien erfuhr Schröder und seine ganze Familie deshalb regelrechten Hass.
Schröders Frau Ellen verlor ein Kind
Schröders Frau erinnert sich an hunderte Beleidigungen und auch Morddrohungen. "Ich habe Bilder zugeschickt bekommen von gefolterten Menschen, es war ganz schlimm", sagt Ellen Schröder. Sie war damals schwanger, Dennis und sie wünschten sich ein drittes Kind. Ellen verlor das Baby. "Ich glaube, dass auf jeden Fall der Stress ein großer Aspekt gewesen ist", sagt sie. "Da frage ich mich manchmal: Wenn diese Menschen hören, dass sowas passiert ist - denken sie dann 'Wir haben was erreicht, schön!', oder bereuen sie es vielleicht?"
Mehr als 800 NBA-Spiele
Nur zwei Deutsche - Dirk Nowitzki und Detlef Schrempf - haben bisher mehr Spiele in der besten Basketball-Liga der Welt gemacht als Schröder, der inklusive Play-offs mehr als 800 Mal auf dem NBA-Parkett stand. Auch wenn er zuletzt häufig das Team wechselte - Brooklyn ist die fünfte Station in den vergangenen drei Jahren - ist Schröder fester Bestandteil der Liga. Sein Vertrag mit etwa 12 Millionen Euro jährlich ist verhältnismäßig günstig und Schröder ein wertvoller Rollenspieler, der deshalb häufig als Verhandlungsmasse genutzt wird.
Schröder über Teamwechsel: "Das sind Luxusprobleme"
"Ich habe mich damit abgefunden", sagt Schröder zu den vielen Wechseln, auf die er wenig Einfluss hat. "Das sind Luxusprobleme. In eine andere Stadt zu gehen, da eine Wohnung zu mieten - das kannst du mit dem Handy machen."
Seiner Frau fällt das Hin und Her deutlich schwerer. "Die Angst, die dabei ist: Man fühlt sich wohl, lebt sich ein, mag die Umgebung, die Nachbarschaft, andere Spielerfrauen - das kann jeden Augenblick weg sein." In New York City wollen sie sich vorerst keine langfristige Bleibe suchen. Ellen: "Die Saison geht nicht mehr lang, wir wollen nicht die ganze Offseason Miete zahlen, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht."
Schröder: "Die Base wird immer Braunschweig sein"
Ein Lebensmittelpunkt wird Niedersachsen bleiben, "die Base wird immer Braunschweig sein", sagt Dennis Schröder. Die Halle an seiner alten Schule wird bald seinen Namen tragen, im Goldenen Buch der Stadt steht er bereits. Bei seinem Jugendverein, dessen Gesellschafter Schröder ist, hat er auch noch ein klares sportliches Ziel: "Ich werde zu 1.000 Prozent - auch wenn es auf einem Bein ist - wieder bei den Löwen spielen. Zu 1.000 Prozent."
Traum Fahnenträger bei Olympia in Paris
Seit dem WM-Titel ist Schröder ein Held in seiner Heimat, nicht nur in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland. "Danach war die Liebe da", sagt der MVP des Turniers. "Für mich war das alles. Dass Deutschland hinter mir steht und sagt: 'Er ist Deutscher und hat uns auf die Map gebracht.'" Als Kind wurde er Opfer von Rassismus, jetzt will er ein Zeichen dagegen setzen - und bei den Olympischen Spielen in Paris im Sommer die schwarz-rot-goldene Fahne ins Stadion tragen.
"Das wäre eine Ehre für mich. Als Dirk Nowitzki das gemacht hat (2008 in Peking, d.Red.), habe ich gesagt: Es gibt nichts Besseres als das. Ich bin dunkelhäutig, das gab es so noch nie. Es wäre eine coole Sache, da hätte ich wieder Geschichte geschrieben."