Aufbruch in neue Ära? Tennis-Ass Zverev hält Rothenbaum-Fahne hoch

Stand: 17.07.2024 19:25 Uhr

Auch unter dem neuen Veranstalter ist der Hamburger Tennis-Profi Alexander Zverev das Zugpferd bei seinem Heimturnier. Die Knieverletzung des Titelverteidigers ist kurz vor Olympia in Paris noch nicht überwunden.

von Andreas Bellinger

Dunkle Wolken über dem Rothenbaum, kühle Temperaturen, Regen und ein böiger Wind: Alexander Zverev hätte besseres Wetter haben können bei den Hamburg Open. Doch der angeschlagene Titelverteidiger wollte einen Tag mehr Zeit zur Vorbereitung - und wohl niemand hätte es gewagt, dem am Knie lädierten "Zugpferd" des Tennisturniers diesen Wunsch abzuschlagen.

So spielte der gebürtige Hamburger eben erst am Mittwoch, und ein Hauch "vom Beginn einer neuen Ära" waberte durch den mit 5.000 Zuschauern halb gefüllten Center Court, während der Lokalmatador in zwei Sätzen locker ins Achtelfinale gegen den Franzosen Hugo Gaston einzog.

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Alexander Zverev am Hamburger Rothenbaum. © Witters

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Aufschwung mit Hindernissen

Als sich Zverev vor einem Jahr seinen "Riesen-Kindheitstraum" erfüllte und wie einst Michael Stich am Rothenbaum gewann, war es keine Frage, dass er 2024 wiederum das Gesicht des Turniers sein würde. Erstmals nun unter der Regie der spanischen Agentur Tennium als Veranstalter. Der Deutsche Tennis Bund (DTB) hatte sich als Inhaber des Turniers zum Wechsel und damit für das Aus einer kombinierten Veranstaltung von Damen und Herren entschieden. Auch weil der belgische Tennium-Chef Kristoff Puelinckx versprach, das traditionsreichste deutsche Tennis-Event "auf die nächste Stufe zu heben".

Aber dann verletzte sich Zverev in Wimbledon und die mit einigem Aufwand auf der Anlage an der Hamburger Hallerstraße aufgepeppte Veranstaltung drohte, ihre einzige echte Attraktion zu verlieren. Eine Fan-Zone wurde gebaut zum Verweilen, Essen und Trinken, ein Mini-Tennisplatz, der pausenlos von den Jüngsten bespielt wird und ein Pavillon, in dem sich die VIP-Gäste bestens beköstigt fühlen, wie eine kurze und mitnichten repräsentative Befragung ergab. Aber reicht das, um "vom Beginn einer neuen Ära" zu sprechen?

Aller Anfang ist schwer

In Zverev, der im ATP-Ranking derzeit Platz vier belegt, sowie dem Dänen Holger Rune (15) und dem Argentinier Sebastian Baez (19) sind nur drei Profis aus den Top 20 der Branche am Start. Das erste Jahr ist immer schwierig, ist dazu aus dem Umfeld des Veranstalters zu hören. Zumal die Rahmenbedingungen alles andere als günstig sind für die Premiere des bis 2028 geschlossenen Vertrags.

Bei einem Turnier direkt im Anschluss an das Grand-Slam-Turnier in Wimbledon und eine Woche vor den Olympischen Spielen war relativ klar, dass das Gros der Weltelite einen Bogen um den Rothenbaum machen würde, obschon wie auch bei Olympia in Paris auf Sand gespielt wird.

Turnier-Direktor Molina: "Hätten Nadal gerne gehabt"

"Natürlich hätten wir Rafael Nadal gerne bei uns gehabt", hatte Turnierdirektor Enric Molina schon im Vorfeld keinen Hehl aus seinem Unmut darüber gemacht, dass auch der Spanier zeitgleich lieber im schwedischen Bastad aufschlägt. Verständnis für ihr Fehlen ernteten hingegen Wimbledonsieger Carlos Alcaraz und der Serbe Novak Djokovic, der seine erneute finale Niederlage gegen den Spanier auf dem Heiligen Rasen erst einmal verdauen muss.

Fragezeichen bis zum ersten Aufschlag

"Dass Alexander Zverev alles probiert hat, bei seinem Heimatturnier zu spielen, bedeutet uns als Veranstalter unglaublich viel", bedankte sich daher Molina beim Hamburger Tennisprofi. Der Felsbrocken, der dem früheren Stuhlschiedsrichter auf der ATP-Tour von der Seele plumpste, war kaum zu überhören, als der 27-Jährige mit dem zehnjährigen "Einlaufkind" Benno an der Hand nach bester Fußballer-Art auf den Center Court kam. Bis 20 Minuten vor dem Match habe er nicht gewusst, ob er spielen solle, sagte Zverev nach dem glatten Sieg. "Heute Morgen wusste ich noch nicht, ob ich würde spielen können. Das warm-up war nicht so gut."

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Der deutsche Tennisspieler Alexander Zverev präsentiert den Pokal nach dem Final-Sieg beim Paris Masters. © picture alliance/dpa/AP | Thibault Camus

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Zverev und die "kleine Fraktur"

Aber offenbar musste Zverev, der eine graue Bandage um das lädierte linke Kniegelenk trug, während des Matches nicht einmal mehr auf die Zähne beißen. Während des Spiels habe er sich so gut gefühlt wie noch nie seit der Verletzung. "Das freut mich natürlich sehr. Ich habe keine Schmerzmittel gebraucht - ist auch besser so, wenn ich meinen Körper spüre."

Tatsächlich ist die Verletzung aber nicht restlos ausgestanden. "Es ist eine kleine Fraktur", so Zverev, die aber nur Probleme bereiten würde, wenn er die gleiche Bewegung wie auf Rasen in Wimbledon nochmals machen würde. "Was ich in meinen Augen in 25 Jahren auf Sand noch nie gemacht habe." Zverev habe die Gefahr mit Experten und seinem Bruder/Manager Mischa abgewogen.

Zufriedene Gesichter bei Turnier-Halbzeit

Womöglich gut für seinen olympischen Traum, die deutsche Mannschaft in Paris als Fahnenträger anzuführen und auch das Ziel Titelverteidigung am Rothenbaum. Molina jedenfalls gab sich trotz der für ein 500er-Turnier zumindest überschaubaren Besetzung und des immer wieder einsetzenden Regens zur Halbzeit des Premieren-Events zufrieden. "Wir freuen uns, dass das Turnier von den Hamburgerinnen und Hamburgern so gut angenommen wird."

Zverev zeigte derweil beim lockeren 6:2, 6:2 gegen den in der Rangliste 110 Plätze schlechter postierten Qualifikanten Jesper de Jong aus den Niederlanden 77 Minuten eine starke Leistung und trug verlässlich seinen Anteil bei, dass das Turnier in eine "neue Ära" starten kann.

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 17.07.2024 | 19:30 Uhr

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